Ukraine-Krieg Kalter Frieden um jeden Preis? Die SPD ist auf dem Holzweg

Trotz aller Kritik will SPD-Fraktionschef Mützenich an seinen Äußerungen zu einem

Nicht nur Grüne und FDP lehnen den Kurs des Kanzlers bei Taurus ab, auch in der SPD zeigen sich wachsende Risse in der Ukrainepolitik: Verteidigungsminister Pistorius distanziert sich von Fraktionschef Mützenich, der den Konflikt „einfrieren“ will. Ein Kommentar.

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Es ist natürlich ein Skandal, dass der russische Geheimdienst die Telefonkonferenz der Luftwaffenführung abgehört und teilweise veröffentlicht hat. Allerdings ist aus dem Gespräch der deutschen Spitzenmilitärs klar geworden, dass die Argumente des Bundeskanzlers gegen eine Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine nicht zwingend sind.

Man kann – anders als von Olaf Scholz behauptet – die Waffe nach Einschätzung der Generäle sehr wohl zum Einsatz bringen, ohne dass Bundeswehrsoldaten in der Ukraine tätig sein müssten und Deutschland dadurch als Kriegspartei in den Konflikt hineingezogen würde.

Dass Scholz in der Taurus-Frage argumentativ seit Wochen immer mehr in die Defensive gerät, macht auch seine jüngste Reaktion deutlich. Nachdem sein Machtwort zu Taurus in der streitenden Ampelkoalition wirkungslos verpufft ist, versucht er sich jetzt mit Arroganz des Problems zu entledigen: Die Debatte in Deutschland sei „an Lächerlichkeit nicht zu überbieten“, kanzelt Scholz seine Widersacher schroff ab, das sei „peinlich für unser Land“. Wer so redet, muss schon sehr in Not sein.

Scholz hat sich mit Blick auf Umfragen und wachsende Kriegsangst der Deutschen und besonders der sozialdemokratischen und linken Wählergruppen für eine restriktive Haltung in der Waffenhilfe entschieden. Auch wenn er diese Position immer wieder verschieben musste und aus 5000 Stahlhelmen zu Beginn inzwischen Dutzende Leopard-II-Panzer geworden sind, hat er in der Taurusfrage jetzt eine rote Linie gezogen. Der Einsatz deutscher Marschflugkörper würde eine deutliche Verschärfung des militärischen Engagements bedeuten und deshalb hässliche Kratzer am Image der SPD als Friedenspartei verursachen.

Auf diese Selbstdarstellung zielt offensichtlich auch die jüngste Äußerung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der in einer erstaunlichen, ja, gefährlichen Naivität anregt, den „Konflikt einzufrieren“. Man solle doch, so der Fraktionsvorsitzende, „nicht nur über die Frage reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann“.

Den Krieg kann nur Putin beenden

Wie fatal dieser Ansatz des „Einfrierens“ ist, der die russische Besetzung der Krim und der Ostukraine de facto festschreiben würde, zeigt die prompte Reaktion des sozialdemokratischen Verteidigungsministers Boris Pistorius. Er erinnert seine Parteifreunde Mützenich und Scholz daran, dass es sich nicht um einen gegenseitigen Konflikt handelt, den man erstmal „einfrieren“ könne, sondern um einen russischen Angriffskrieg, den nur Putin beenden kann.

Die vergangenen zehn Jahre und die ergebnislosen Verhandlungen im Rahmen der Minsk-1- und Minsk-2-Gespräche zeigen, dass Verhandlungen mit Putin noch nie zu einem Frieden oder gar einem Erfolg geführt haben.

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Pistorius sieht die Dinge klarer als Mützenich und Scholz. Die SPD sei die Partei der Ukraine-Unterstützer und keine Partei der Putin-Versteher, warnt er seine friedenssüchtigen Genossen. Jetzt wirksame militärische Hilfe zu verweigern und gleichzeitig über ein „Einfrieren“ zu sprechen, würde schnell in einem „Diktatfrieden“ zu Lasten Kiews enden. Außerdem würde es Putin ermuntern, den Krieg nach einer mit Verhandlungen gefüllten Atempause mit frischen Soldaten und neuem Material weiterzuführen. Deutlicher kann ein SPD-Verteidigungsminister seinem Kanzler und Fraktionsvorsitzenden nicht sagen, dass sie auf dem Holzweg sind.

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