Die Inflation in Deutschland ist im April überraschend stabil geblieben. Die Verbraucherpreise erhöhten sich wie schon im März um durchschnittlich 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 2,3 Prozent gerechnet.
Niedriger war die jährliche Teuerungsrate zuletzt im April 2021 mit damals 2,0 Prozent. Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Rate noch bei 3,7 Prozent gelegen und war seither stetig zurückgegangen. Höhere Teuerungsraten schwächen die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Energiepreise gesunken
Für Nahrungsmittel zahlten Verbraucherinnen und Verbraucher im April 0,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Preise für Haushaltsenergie sanken dagegen um 1,2 Prozent – trotz des Auslaufens der temporären Mehrwertsteuersenkung für Gas und Fernwärme. Seit Anfang April gilt für diese Güter wieder der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Um die hohen Energiepreise als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine abzufedern, hatte die Politik die Mehrwertsteuer auf Erdgas und Fernwärme vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2024 auf 7 Prozent gesenkt.
Schneller schlau: Inflation
Wenn die Preise für Dienstleistungen und Waren allgemein steigen – und nicht nur einzelne Produktpreise – so bezeichnet man dies als Inflation. Es bedeutet, dass Verbraucher sich heute für zehn Euro nur noch weniger kaufen können als gestern noch. Kurz gesagt: Der Wert des Geldes sinkt mit der Zeit.
Die Inflationsrate, auch Teuerungsrate genannt, gibt Auskunft darüber, wie hoch oder niedrig die Inflation derzeit ist.
Um die Inflationsrate zu bestimmen, werden sämtliche Waren und Dienstleistungen herangezogen, die von privaten Haushalten konsumiert bzw. genutzt werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) beschreibt das wie folgt: „Zur Berechnung der Inflation wird ein fiktiver Warenkorb zusammengestellt. Dieser Warenkorb enthält alle Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte während eines Jahres konsumieren bzw. in Anspruch nehmen. Jedes Produkt in diesem Warenkorb hat einen Preis. Dieser kann sich mit der Zeit ändern. Die jährliche Inflationsrate ist der Preis des gesamten Warenkorbs in einem bestimmten Monat im Vergleich zum Preis des Warenkorbs im selben Monat des Vorjahrs.“
Eine Inflationsrate von unter zwei Prozent gilt vielen Experten als „schlecht“, da sie ein Zeichen für schwaches Wirtschaftswachstum sein kann. Auch für Sparer sind diese niedrigen Zinsen ein Problem. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflation von zwei Prozent an.
Deutlich gestiegene Preise belasten Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können sich für ihr Geld weniger leisten. Der Privatkonsum ist jedoch eine wichtige Stütze der Konjunktur. Sinken die Konsumausgaben, schwächelt auch die Konjunkturentwicklung.
Von Disinflation spricht man, wenn die Geschwindigkeit der Preissteigerungen abnimmt – gemeint ist also eine Verminderung der Inflation, nicht aber ein sinkendes Preis-Niveau.
In einigen Bundesländern zogen die Preise für Fernwärme im Jahresvergleich deutlich an, wie aus den Statistiken mehrerer Landesämter hervorgeht. Zudem mussten die Menschen demnach beim Besuch der Gaststätte oder der Übernachtung im Hotel in vielen Bundesländern in diesem April tiefer in die Tasche greifen als ein Jahr zuvor.
Von März auf April des laufenden Jahres stiegen die Verbraucherpreise nach vorläufigen Berechnungen des Wiesbadener Bundesamtes insgesamt um 0,5 Prozent.
Schlechtere Aussichten für weitere Entwicklung
Im Jahresschnitt erwarten führende Wirtschaftsforschungsinstitute eine deutliche Abschwächung der Inflation in Europas größter Volkswirtschaft auf 2,3 Prozent nach 5,9 Prozent im vergangenen Jahr. Allerdings könnte der Weg dorthin mühsamer werden als erhofft.
Die aktuellen Preispläne der Unternehmen hierzulande deuten nach Einschätzung des Münchner Ifo-Instituts auf eine Pause beim Rückgang der Inflation hin. Teurer werden dürfte es für die Kundschaft vor allem in der Gastronomie, beim Kauf von Spielwaren und Drogerieartikeln. Die Schlussfolgerung des Ifo: „In den kommenden Monaten dürfte die Inflation erst einmal nicht weiter zurückgehen und bei knapp über zwei Prozent verharren.“
Wann kommt die Konsumwende?
Niedrigere Inflationsraten können die Konsumlust von Verbraucherinnen und Verbrauchern ankurbeln. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung machte in einer jüngst veröffentlichten Studie auf Basis einer Umfrage unter 9600 Menschen eine spürbare Zunahme der Konsumneigung in allen Einkommensgruppen aus, insbesondere bei Freizeit, Unterhaltung und Kultur. Es gebe Indizien für eine „bevorstehende Konsumwende“ – vor allem dann, „wenn im Jahresverlauf die Inflationsrate weiter sinkt und mit steigenden Nominallöhnen auch die Reallöhne nach mehreren Jahren des Rückgangs wieder steigen“, hieß es in der Auswertung.
Auch die jüngsten Daten der Konsumforscher der Nürnberger GfK zeigen, dass die Aussicht auf steigende Löhne für bessere Stimmung sorgt: Die Kauflaune der Menschen hierzulande sei weiterhin schlecht, aber sie erhole sich leicht. Der Privatkonsum ist eine wichtige Stütze der Konjunktur in Deutschland, die seit Monaten nicht recht in Fahrt kommt.
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