Holografische Telefonie Wann starten 3-D-Telefonate am Smartphone?

Die Zukunft im Blick? Markus Söder (CSU) trägt bei einem Besuch im Labor von Telefónica O2 in München eine AR-Brille und führt darüber ein holografisches 3-D-Telefonat. Bis 2026 könnte aus dem Labortest ein reales Mobilfunkangebot werden, heißt es bei O2. Quelle: dpa

Längst sind Smartphones zu universellen Alltagsbegleitern mutiert. Nur eine seit Jahren angekündigte Funktion gibt es bis heute nicht: holografische Telefonate. Setzen die Mobilfunkkonzerne ihre vollmundigen Versprechen je um?

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Der Plan klingt nach Star Trek und Science-Fiction: Seit gut eineinhalb Jahren arbeiten europäische Kommunikationskonzerne wie die Deutsche Telekom, die britische Vodafone, Spaniens Telefónica und der französische Netzbetreiber Orange an einer Plattform für holografische Telefonie: Sie soll es Mobilfunknutzern künftig erlauben, nicht bloß Sprach- und Videotelefonate zu führen, sondern sich auch mithilfe von holografisch dargestellten Avataren zu virtuellen Gesprächsrunden zusammenzuschalten. Im Spätsommer 2022 hatten die Konzerne angekündigt, die Technologie mit dem Start-up Matsuko zur Marktreife bringen zu wollen. Dann aber wurde es still um das Projekt.

Und so fragte sich bis vor kurzem mancher, ob die vollmundige Ankündigung mehr war als ein PR-Coup?

Es schien unklar, ob aus der Idee mehr werden könnte, womöglich ein Produkt, das einmal genauso zum Funktionsumfang moderner Smartphones gehören könnte, wie Highend-Kameras oder Navigationsfunktionen oder sprachgesteuerte und KI-gestützte virtuelle Assistenten.

Mikromonitore vor den Augen

Immerhin: Kurz vor Weihnachten hat O2 Telefónica bei einem Besuch von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder in der Münchner Zentrale des Konzerns erstmals praktisch demonstriert, wie solche Gespräche laufen können. Dabei filmte sich Florian Bogenschütz, Chef des Telefónica-Ablegers Wayra in dessen Büro in der Münchner Innenstadt mit seinem Smartphone. Die Software des Start-up-Partners Matsuko rechnete das Kamerabild in einen 3-D-Avatar um und übertrug es via Mobilfunk in eine Augmented-Reality-Brille auf Söders Kopf in der O2-Zentrale. Auf den Mikromonitoren vor dessen Augen baute sich daraufhin quasi in Echtzeit ein detailliertes räumliches Abbild seines Gesprächspartners auf, das Söder beispielsweise durch die Bewegung seines Kopfes auch seitlich betrachten konnte.

Ist das die Zukunft der Telefonie – oder doch nur eine Luftnummer? Quelle: PR

Bei aller technischen Exzellenz der Demonstration – völlig überzeugt schien Bayerns Ministerpräsident trotzdem nicht. Das lag weniger an der optischen Qualität als an der unhandlichen Brille. Tatsächlich dürfte nicht nur Söder seine Probleme haben mit dem Gewicht und der Klobigkeit des Gerätes, das nebenbei jede Frisur ruiniert.

Die Treiber der Technik bei den Telefonkonzernen ficht derlei Kritik indes nicht an. „Noch ist das ja nur ein Demonstrator“, so Karsten Erlebach, Innovationsmanager beim deutschen Telefónica-Ableger. In Zukunft werde der Einsatz von AR- oder VR-Brillen eine von mehreren Anwendungsszenarien sein, ist der Telefónica-Experte überzeugt. „Ich gehe davon aus, dass die Gerätehersteller in nicht allzu ferner Zukunft auch wieder Smartphones mit 3-D-Displays auf den Markt bringen werden.“ Das bedeutet: Während eine 3-D-Kamera im Handy den einen Gesprächspartner erfasst und die Software daraus den Avatar berechnet, erscheint das zeitgleich digitalisierte Gegenüber auf dem eigenen 3-D-Display als räumliche Simulation. 

Kommt der Erfolg im zweiten Anlauf?

Es wäre der zweite Versuch, 3-D-Funktionen in Handys zu integrieren. Schließlich hatten Hersteller wie etwa LG entsprechende Geräte wie das Optimus 920 bereits vor mehr als einer Dekade erstmals vorgestellt – und kurz darauf mangels Nachfrage wieder vom Markt genommen. „Damals gab es einfach keine zwingenden Anwendungen dafür“, sagt Erlebach. „Mit holografischer Telefonie wird das anders sein.“

Vorausgesetzt, die Gespräche funktionieren tatsächlich ohne ruckelige, grobklotzige Videobilder und, vor allem, sie funktionieren ohne technische Komplikationen und Konfigurationsaufwand auch über Netzgrenzen hinweg. Genau daran arbeiteten die Mobilfunker gerade, heißt es unisono aus den Entwicklungsabteilungen der Telefonkonzerne. 

Strategieschwenk bei den Konzernen

„Anfangs war das Projekt als App-basierende Lösung gedacht, ähnlich wie eine 3-D-Messenger, den die Nutzer auf ihren Telefonen installieren müssen. Jetzt ist uns klar: Die Funktion muss sowohl elementare Funktion unserer Netze als auch Teil des Betriebssystems kommende Smartphones werden“, beschreibt ein Technologieexperte den Sinneswandel und strategischen Schwenk bei den Projektpartnern. „Wenn wir die 3-D-Funktionen tief in unsere IT-integrieren, können wir sowohl die Qualität der Simulation kontrollieren als auch netzübergreifende Anwendungen in Echtzeit realisieren.

Tatsächlich bereiten die Projektpartner inzwischen die Standardisierung entsprechender Funktionen und Netzschnittstellen durch die IT-, Internet- und Telekommunikationsgremien vor. „Die Resonanz der internationalen Netzbetreiber auf unsere Bestrebungen sind äußerst positiv“, heißt es bei einem der europäischen Entwicklungspartner. Der Kreis der mittlerweile in die Entwicklung und Standardisierung involvierten Kommunikationsunternehmen versorge weltweit etwa zwei Drittel aller Mobilfunknutzer. 

Womit sich umso mehr die Frage aufdrängt, ob auch die Vision der 3-D-Telefonie nun endlich den Weg in die Praxis findet. Werden Holofonate womöglich schon 2024 für erste Mobilfunkkunden zum Funktionsumfang ihrer Smartphones gehören?

Gelingt der Sprung aus dem Labor?

Wohl kaum, dämpfen die Technologen bei Telefónica, Vodafone, Telekom & Co. allzu überbordende Erwartungen. Auch wenn die Technik bei Markus Söders Besuch im Innovationslabor funktionierte, wenn Vodafone bereits erste transatlantische 3-D-Gespräche über sein Netz übertragen hat und auch die Deutsche Telekom auf stabile Versuchsverbindungen in seinem 5G-Netz verweist: Noch gehe es darum, die Technologie aus dem Labor- in den Alltagsbetrieb zu übertragen. Und das könne dauern. 

O2-Technikchef Mallik Rao versuchte sich zu Söders Besuch Anfang Dezember zumindest an einer groben Prognose. „In zwei bis drei Jahren dürfte die Marktreife erreicht sein“, so Raos Prognose. Dann könnten holografische Telefonate zunächst bei Geschäftskunden zum Einsatz kommen. „Im zweiten Schritt wollen wir es dann auch im Massenmarkt anbieten“, so Rao.

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So weit will sich bei den übrigen Netzbetreibern noch niemand offiziell aus dem Fenster lehnen. Zumindest inoffiziell aber ist den Konzernverantwortlichen durchaus bewusst, dass bei der 3-D-Telefonie aus Science-Fiction recht zügig Realität werden muss, damit die Kunden das Angebot nicht nochmal als leeres Versprechen abtun – und die Branche den Markt ein zweites Mal verpasst.

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