Mehr noch als die aus ihrer Sicht unzureichenden Förderprogramme treibt die Hersteller der Zustand der für Radfahrer nötigen Infrastruktur um. Zwar haben viele Städte während der Coronapandemie breite Pop-up-Radwege eingerichtet. In vielen Fällen teilen sich Radfahrer aber noch immer Bürgersteige mit Fußgängern oder werden über wurzeldurchsetzte Buckelpisten geführt. Sind die Radwege mit blauen Schildern gekennzeichnet, darf man nur in Ausnahmefällen auf die Straße ausweichen – egal, ob man mit einem Trekkingrad oder einem Velomobil unterwegs ist. Auch die Parkplatzsuche kann zur Geduldsprobe werden: Auf Bürgersteigen ist oft nicht genügend Platz, die Straßenränder sind von Autos zugeparkt. Spezielle Parkplätze für Lastenräder und Velomobile sind noch selten.
Angesichts dessen treten manche Unternehmen bei der Entwicklung auf die Bremse. Ein Beispiel ist der Fahrradhersteller Canyon, der die Branche vor zwei Jahren mit einem futuristischen Velomobil-Entwurf überrascht hatte. Auf Anfrage teilt das Koblenzer Unternehmen nun mit: „Für eine kommerzielle Umsetzung müssen noch wesentliche Rahmenbedingungen angepasst werden, darunter rechtliche Regelungen für die unkomplizierte Nutzung und infrastrukturelle Entwicklungen im urbanen Raum zur sicheren Verwendung.“
Der Bundesverband Zukunft Fahrrad, der nach eigener Darstellung für eine nachhaltige Mobilitätswende eintritt, drängt darauf, dass Städte ihre Infrastruktur weiter anpassen. Solange viele Wege zu schmal sind, sei es sinnvoll, Velomobile auch auf der Straße fahren zu lassen. „Verbunden mit Tempo 30 für Autos würden sich die Fahrzeuge deutlich besser in den Verkehr einfügen“, sagt von Rauch. Im Gegenzug könne man darüber nachdenken, die E-Bike-Auto-Hybride stärker zu regulieren. Eine Zulassungspflicht könne dabei sogar im Sinne der Hersteller sein – weil potenzielle Kunden heute mitunter Zweifel an Sicherheit und Zuverlässigkeit der Fahrzeuge hätten. „Wichtig wäre aber, dass die Verfahren gegenüber Autos stark vereinfacht sind.“
Lieferengpässe bremsen Hersteller
Bis die neuen Tretautos überhaupt in großen Stückzahlen in Städten unterwegs sind, wird es noch dauern. Noch bereiten die Start-ups die Produktion vor. Hopper Mobility will bis zum Jahresende zunächst 28 Testfahrzeuge bauen. Podbike will im Herbst die Serienproduktion starten – aber zunächst in Norwegen. EU-Kunden sollen erst später von einem Produktionsstandort in Deutschland bedient werden. Der Zeitplan ist mit Vorsicht zu genießen: Mehrmals schon hat das norwegische Start-up seine Kunden, die bereits vorbestellt haben, vertröstet.
„Uns haben immer wieder Lieferengpässe zu schaffen gemacht“, sagt Sørensen. Weil Teile nicht verfügbar waren, habe man immer wieder die Konstruktion anpassen müssen. Hinzu kommt: Der Podbike-Gründer findet gerne mal etwas, das aus seiner Sicht noch verbessert werden muss. „Wir hatten zuletzt das Problem, dass die Geräusche während der Fahrt zu laut sind – da mussten wir noch einmal ran.“ Auch bei Hopper Mobility wird das Fahrzeugdesign noch optimiert. So hat das Start-up auf der Branchenmesse Eurobike Mitte Juli ein neues Lenkkonzept vorgestellt.
Produktionsverzögerungen können für die Start-ups schnell zu einer finanziellen Belastung werden – denn dicke Kapitalpolster sind nicht vorhanden. Hopper Mobility hat laut Schieren Ende des vergangenen Jahres knapp eine Million Euro von einer Gruppe Business Angels erhalten. Podbike konnte über eine Schwarmfinanzierungsplattform zuletzt 1,5 Millionen Euro bei Privatinvestoren einsammeln. Finanzkräftigere Geldgeber sind nicht in Sicht: „Wagniskapitalfirmen sind gerade sehr zurückhaltend – vor allem, wenn es um hardwarelastige Geschäftsmodelle wie das unsere geht“, sagt Firmenchef Højmark. Zwar flossen in den vergangenen Jahren in E-Bike-Start-ups wie Vanmoof oder Cowboy zweistellige Millionenbeträge. Doch deren Zweiräder waren auch bereits gut erprobt.
Ein viel beachteter Velomobilhersteller aus Deutschland musste dagegen im April vergangenen Jahres Insolvenz anmelden: Bio Hybrid, hervorgegangen aus einem Projekt des Autozulieferers Schaeffler, hat es offenbar nicht geschafft, Geldgeber zu überzeugen. Dabei wähnte sich das Unternehmen kurz vor der Ziellinie: Für Mitte 2021 war der Produktionsstart geplant.
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