Mercedes-Betriebsrat Lümali „Ich hoffe, dass ich mir um keinen deutschen Standort Sorgen machen muss“

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„Probleme mit Rohstoffen wird es immer geben, egal wo man produziert“

Mercedes will seine Lieferkette stärker regional aufstellen. Am Ende des Tages produziert man dann zwar vor Ort, aber man muss ja trotzdem die Rohstoffe für die Produktion reinholen. Ist diese Local for Local genannte Strategie also überhaupt der Heilsbringer?
Das Problem mit den Rohstoffen wird es immer geben, egal wo man produziert. Aber das Beispiel Lederbezüge zeigt, dass es nicht immer um fehlende Rohstoffe geht, sondern dass uns auch Teile in der Lieferkette aufgrund von geopolitischen Auseinandersetzungen fehlen. Dann darf ich doch schon hinterfragen, auch was die Kosten betrifft: Ist es nicht vernünftiger, das Ganze an den deutschen Standorten anzusiedeln und entsprechend hier auch für Fertigungslinien zu sorgen? Da geht es auch darum: Was können wir in Zukunft innerhalb Europas und Deutschlands selber produzieren, insbesondere auch an den eigenen Standorten? Welche Möglichkeiten gibt es da? Haben wir dazu die Voraussetzungen, die Kompetenz? Wenn nicht, dann müssen Qualifizierungsmaßnahmen stattfinden. Ziel muss es sein, uns von der Abhängigkeit Dritter zu lösen.

Bei Mercedes halten zwei Investoren aus China große Anteile der Aktien. Wie stark mischen die sich ein?
Wir haben mit den chinesischen Partnern eine gute Zusammenarbeit. BAIC ist ja bereits seit Jahren unser Partner und die Smart-Kooperation mit Geely läuft gut. Natürlich versuchen auch chinesische Investoren, Einfluss zu nehmen – aber das sind konstruktive Gespräche.

Auf den deutschen Markt drängen immer mehr chinesische Autobauer. Macht Ihnen das Angst? 
Es wäre leichtsinnig, die neuen Player nicht ernst zu nehmen.

Es gab bei Mercedes eine große Mitarbeiterbefragung auch zum Mobilen Arbeiten. Gibt es da Handlungsbedarf?
Die Ergebnisse der Befragung haben gezeigt, dass wir an vielen Stellen von unserer bisherigen flexiblen Vereinbarung profitieren und die Kolleginnen und Kollegen diese Möglichkeiten nutzen. Auch in Zukunft möchte der Großteil der Beschäftigten diese Freiheit haben und drei bis vier Tage die Woche mobil arbeiten. Damit die Arbeitsbedingungen auch in Zukunft dabei helfen, Beruf und Privatleben besser zu kombinieren, sind wir gefordert, diese kontinuierlich weiterzuentwickeln und in neue Gespräche mit dem Arbeitgeber zu gehen. Das mobile Arbeiten hat über die Krise einen ganz anderen Stellenwert bekommen. Und nicht in jedem Haushalt gibt es die optimalen Arbeitsbedingungen. Die jedoch müssen im Vordergrund stehen.

Was fordern Sie?
Unsere Vereinbarung von 2016 muss jetzt weiterentwickelt und ausgebaut werden. Ein entscheidender Aspekt dabei ist, dass die Belegschaft an den Einsparungen durch mobiles Arbeiten beteiligt wird – und zwar die Belegschaft in Summe. Auch Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund ihrer Tätigkeit keine Möglichkeit haben, mobil zu arbeiten, müssen von den Veränderungen profitieren und durch moderne Konzepte künftig flexibler über ihre Arbeitszeit bestimmen können – dafür setzen wir uns ein.

Sie haben kürzlich ein Chipbündnis gefordert. Was meinten Sie damit, wer wäre Ihr Wunschpartner?  
Mit dem Halbleiterhersteller Nvidia sind wir ja schon in einer Kooperation. Aber mir ging es um etwas Anderes: In dieser Krise sollten wir über Bündnisse auf Deutschland- und Europaebene nachdenken.

Aber ist das Bündnis ein Wunsch, den Sie als Betriebsrat haben – oder ist das was, was auch vom Vorstand schon forciert wird? 
Das ist vergleichbar mit den Batteriezellen. Da haben wir über das Joint Venture ACC mit Saft und Stellantis schon heute ein Bündnis. Nun sage ich: Es muss doch auch bei den Chips Möglichkeiten geben, dass wir in Europa, in Deutschland mit Partnern zusammenarbeiten. Die Unternehmen aber wollen davon aktuell noch nichts wissen, weil sie der Auffassung sind, dass es viel zu teuer ist. Es müssen allerdings schon größere Bündnisse sein, dass man dann auch genügend Abnehmer hat.

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Mercedeschef Ola Källenius forciert derzeit eine Luxusstrategie. Das Truckgeschäft und die Busse wurden bereits abgespalten – aber die Vans sind noch bei Mercedes. Wie passen die Vans zu der neuen Luxusstrategie? 
Unsere Vans waren immer schon sehr gehobene Klasse. Die V-Klasse etwa, die ist auch etwas für Familien, Politiker und Geschäftsleute. Für unsere Transporter würde ich Luxus mit Premium übersetzen und da sind unser Sprinter oder Vito in ihren Branchen eindeutig Premium.

Das heißt, es gibt keine internen Diskussionen, die Vans auch noch abzuspalten oder zu verkaufen?
Nicht, dass ich wüsste. 

Lesen Sie auch: Mercedes will sich stärker als bislang bekannt im Luxussegment positionieren. Preiswerte Einsteigermodelle sollen verschwinden, teure Sonderausstattungen zur Regel werden. Das hat Folgen für die Marke – und die Kunden.

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