Tesla Grünheide Nach Anschlag auf Tesla: Werk wieder am Stromnetz

Arbeiter reparieren einem beschädigten Mast, nachdem die Tesla Gigafactory in Grünheide bei Berlin die Produktion eingestellt hatte und ohne Strom blieb. Quelle: REUTERS

Der Brandanschlag auf einen Strommast hatte drastische Folgen für das Tesla-Werk, die Produktion wurde unterbrochen. Nun ist Tesla Grünheide schneller als gedacht wieder am Stromnetz.

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Nachdem die Stromversorgung des Tesla-Werks bei Berlin wiederhergestellt ist, hat sich Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach beim Energieanbieter Edis bedankt. „Super Job! Und nun toi toi toi beim re-start!“, schrieb der SPD-Politiker auf der Onlineplattform X (früher Twitter).

Die Reparaturen waren nach dem Anschlag auf die Stromversorgung bei dem Autobauer in Grünheide deutlich früher beendet worden als angenommen. Nun soll die Produktion nach und nach wieder hochgefahren werden. Wann sie wieder vollumfänglich laufe, könne noch nicht gesagt werden, sagte eine Sprecherin am Dienstag. „Das müssen wir einfach abwarten.“

Steinbach lobte die beteiligten Unternehmen, die „im Drei-Schicht-Betrieb geackert“ hätten. Zugleich kritisierte er Demonstrationen gegen eine geplante Erweiterung des E-Auto-Werks, die es auch am Wochenende wieder gegeben hatte. „Mich besorgt das insofern, weil hier auch ganz klar zu beobachten war, dass es einen Demonstrationstourismus gegeben hat“, sagte der Minister. „Das erleben wir auch bei dem Camp, wo Menschen aus Niedersachsen, aus Lützerath, aus Hambacher Forst an der Stelle da sind. Im Augenblick wird dieses Ganze von extern gekapert.“ Das sollte nicht im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner sein. Es werde weiterhin mit falschen Argumenten gegen Tesla Stimmung gemacht. „Diejenigen, die dort im Augenblick dagegen protestieren, die sollen dann ihren Mitmenschen ganz deutlich sagen, dass sie einen erhöhten Lkw-Verkehr auch weiterhin haben wollen.“

Die Bürger von Grünheide haben gegen die Erweiterung des Tesla-Werks gestimmt – wie kleine Kinder, die alles haben, aber nichts geben wollen. Der Gemeinderat darf darauf nicht hören. Ein Kommentar.
von Martin Seiwert

Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

Zuletzt hatte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Es bestehe der Anfangsverdacht unter anderem der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der verfassungs­feindlichen Sabotage sowie der gemein­schaftlichen Brandstiftung, hatte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde am Freitag mitgeteilt.

Bisher unbekannte Täter hatten am Dienstag auf einem Feld Feuer an einem Strommast gelegt, der auch für die Versorgung der Tesla-Fabrik zuständig ist. Die Produktion war daraufhin gestoppt worden. Zehntausende Bewohner waren von Stromausfall betroffen. Die linksextreme „Vulkangruppe“ hatte erklärt, sie sei für den Anschlag verantwortlich. Die Polizei hält ein Bekennerschreiben für echt.

Tesla-Werksleiter André Thierig hatte den wirtschaftlichen Schaden bei einer Woche Stillstand auf einen „hohen neunstelligen“ Betrag geschätzt. Der Branchen-Experte Ferdinand Dudenhöffer widersprach ihm. „Der reine Produktionsausfall für eine Woche ist nach meiner Einschätzung nach der derzeitigen Marktlage eher mit Schäden von vielleicht 100 Millionen Euro vergleichbar“, sagte der Direktor des Center for Automotive Research in Bochum der Deutschen Presse-Agentur. „Eine neunstellige Summe ist schon eine hohe Nummer, die nur nachvollziehbar ist, wenn sehr hohe Schäden an Maschinen durch den Brand bei Tesla entstanden sind.“

Dudenhöffer sieht bei dem Autobauer Möglichkeiten zum Auffangen des Ausfalls. „Derzeit können sie keine Autos bauen. Die Nachfrage für Elektrofahrzeuge ist im Moment aber auch schlecht“, sagte Dudenhöffer. „Im Februar hat Tesla in Deutschland mit rund 6000 Neuzulassungen 22 Prozent weniger Fahrzeuge in den Markt gebracht als im Vorjahresmonat.“ Die Tesla-Nachfrage leide auch in Märkten wie China. „Daher sind die Tesla-Werke in Shanghai und USA nach meiner Einschätzung aktuell nicht ausgelastet und können die Grünheide Ausfälle „auffangen“.“

Tesla-Werksleiter Thierig reagierte am Dienstag bestürzt. „Für uns ist das hier wirklich ein Anschlag auf diese Industrieansiedlung hier in Brandenburg. Wir haben über 12.000 Mitarbeiter, die wir jetzt momentan nicht weiter beschäftigen können.“ Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) stellte sich demonstrativ an die Seite des Unternehmens. Dies sei „nicht nur ein Anschlag auf Material, sondern auch auf die Menschen, die hier arbeiten“, sagte er. „Wir wollen, dass Tesla hier an diesem Standort weiter produziert, dass sie das Vertrauen wieder zurückgewinnen, was am heutigen Tag erst mal verloren gegangen ist.“

Das Land werde alles tun, solche Vorfälle zu verhindern – „soweit man das bei terroristischen Aktivitäten kann“. Laut Steinbach werden nun auch die Sicherheitsvorkehrungen für die kritische Strominfrastruktur geprüft und verstärkt. Die Polizei suchte am Dienstag an dem frei zugänglichen Strommast nach Spuren.

Volkswagen produziert Strom für sein Stammwerk in Wolfsburg selbst

Wie gehen andere Autobauer mit der Gefahr um? Volkswagen sieht sich bei der Stromversorgung für sein Stammwerk in Wolfsburg auf der sicheren Seite. Den Strom fürs Werk produziere VW dort selbst, das Kraftwerk stehe direkt auf dem Werkgelände und beliefert auch die umliegende Stadt mit Strom und Fernwärme. Ein Sprecher sagte, die Versorgung des Werkes mit Energie sei dadurch sichergestellt.

Verstärkte Kontrollen von kritischer Infrastruktur angekündigt

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) will mit verstärkten Kontrollen und Polizeistreifen verhindern, dass empfindliche Infrastruktur erneut angegriffen werden kann. Auch Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte zu, dass das Land für eine höhere Absicherung sorgen wolle und sich die kritische Infrastruktur genau anschaue. „Es muss aber auch jedem an dieser Stelle klar sein – vor einem terroristischen Anschlag bist du am Ende nicht gefeit“, so Steinbach.

„Würden wir jetzt alle Hochspannungsmasten ganz intensiv überwachen, würde vielleicht unsere Wasserver- oder Entsorgung in den Blick geraten“, sagte Brandenburgs CDU-Chef Redmann am Mittwoch im RBB-Inforadio. Natürlich sei es nun aber wichtig, besonders empfindliche Bereiche auszumachen und zu schützen – zum Beispiel die Stellen, an denen Luftkabel in die Erde gingen. „Da gibt es verschiedene Konzepte, ob man das mit Zäunen macht, mit Videoüberwachung – auch Drohnen sind da im Gespräch.“

DIHK fordert Handeln des Bundes

DIHK-Hauptgeschäftsführer Wansleben sagte, mit Blick auf die kritischen Infrastrukturen gehe das sogenannte Kritis-Dachgesetz in die richtige Richtung. Es habe das Ziel, das Schutzniveau von Betreibern kritischer Anlagen zu verbessern und deren eigene Sicherheitsbemühungen zu unterstützen. „Die Maßnahmen sollten daher im Zusammenhang mit den Regelungen zum Cyberschutz von kritischen Infrastrukturen betrachtet werden.“ Die Bundesregierung verschleppe aber die Verabschiedung des zugehörigen Gesetzes seit Monaten.

Die öffentliche Hand sollte den Unternehmen passgenaue Informationen zur aktuellen Sicherheitslage – Cyber- und analoge Bedrohungen – mit konkreten Handlungsempfehlungen zur Verfügung stellen. Im Schadensfall bräuchten die Unternehmen Unterstützung. „Dafür sind klare staatlichen Zuständigkeiten sowie eine entsprechende personelle Ausstattung und Vernetzung der Aufsichtsbehörden von Bund und Ländern erforderlich“, betonte Wansleben.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) verurteilte den Anschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Fabrik. Er sprach am Mittwoch von einem „Verbrechen“, das aufgeklärt werden müsse. Es sei „in jeder Hinsicht falsch und in keinster Hinsicht zu akzeptieren“.

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Die Demonstrationsfreiheit sei ein hohes Gut. Demonstrationen müssten die Regierungen im Bund und in den Ländern aushalten. Die politische Debatte in Deutschland dürfe aber nicht abrutschen, sagte Habeck am Flughafen Berlin Brandenburg vor seinem Abflug in die USA. Er sprach sich gegen Gewalt gegen Sachen und gegen die Gefährdung von Menschen aus. „Ich habe schon das Gefühl, wir sind jetzt an einer Weiche angekommen, und die darf nicht falsch gestellt werden“, sagte Habeck, der auch Bundeswirtschaftsminister ist.

Lesen Sie auch: Anschlag auf Tesla-Gelände: „Saubere E-Autos sind eine dreckige Lüge“

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