Konsumverhalten Diese Grafiken zeigen, wo die Deutschen sparen

Sparen ohne Verzicht? Das Interesse an Döner-Buden und Fast-Food-Restaurants wächst. Quelle: imago images

Inflation und schlechte Nachrichten drücken das Konsumklima. Eine exklusive Analyse der Suchverläufe im Internet verdeutlicht, wo die Deutschen den Gürtel derzeit enger schnallen – und welcher Luxus noch immer drin ist.

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Der Mangel an Arbeitskräften und auch Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie stellen die Gastronomiebranche bereits seit einiger Zeit vor große Herausforderungen. Nun kommt eine neue Entwicklung hinzu, die die schwierige Lage noch verschärfen könnte: Die Deutschen essen immer häufiger in Fast-Food-Schnellrestaurants sowie in Imbissen und weniger in klassischen Restaurants. Das zeigt eine Auswertung des KI-Analysten Hase & Igel von mehr als drei Milliarden Datensätzen.

Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, Daten beispielsweise zum Suchverhalten im Netz zu erheben und mit Hilfe künstlicher Intelligenz Trends zu identifizieren. Für die konkrete Studie hat Hase & Igel die Nachfrage von 35-Konsum-Kategorien des Statistischen Bundesamtes mit Hilfe des eigenen Neutrum.AI-Systems gemessen. Basis dafür sind Google-Suchhäufigkeiten nach Begriffen, die den Absatz in den Kategorien statistisch vorhersagen. Algorithmen ermitteln daraus Trends und stellen Prognosen.

Höhere Nachfrage nach günstigen Dienstleistungen

Laut der Analyse ist die gemessene Nachfrage in allen ausgewerteten Kategorien gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3,2 Prozent gesunken. „Der Trend weist derzeit nicht auf signifikante weitere Verluste hin – wohl aber auf eine längerfristige Stagnation“, sagt Jan Schoenmakers, Geschäftsführer der Hase & Igel GmbH mit Sitz in Oldenburg. Ableiten lässt sich zudem, dass sich die Nachfrage in dem beobachteten Zeitrahmen klar verschoben hat: „hin zu Produkten und Dienstleistungen, die weniger kosten, aber das Lebensgefühl erhalten“, ergänzt Schoenmakers.



Wie sich das Konsumverhalten verändert hat, zeigt sich gut im Bereich von Restaurants und Gaststätten. Laut der KI-Analyse erleben mit Blick auf das Vorjahr derzeit besonders Fast-Food-Schnellrestaurants wie McDonalds und Burger King, Asia-Imbisse oder Döner-Buden einen Zulauf. Hier sind die Suchanfragen im Vergleich zum Vorjahresniveau um 19 Prozent angestiegen. Zurückhaltender sind die Deutschen dagegen bei klassischen Restaurants mit aufwändigerer Küche. „Italiener, Spanier oder Inder verlieren dagegen im mittleren zweistelligen Prozentbereich“, sagt Schoenmakers. So wird also weiter auswärts gegessen, bei der Wahl der Lokalität aber immer häufiger auf den Preis geschaut.

Die Daten zeigen damit auch, dass sich große Teile der deutschen Gastronomiebranche noch immer nicht von der Corona-Krise erholt haben. Eine Entwicklung, die für viele Betriebe existenzgefährdend ist. Zuletzt kam eine Analyse des Informationsdienstleisters Crif im Dezember 2023 zu dem Ergebnis, dass mehr als 15.000 Restaurants, Gaststätten, Imbisse und Cafés von einer Insolvenz bedroht sind. Mit Blick auf die von Hase & Igel erhobenen Daten, dürfte sich die Lage nicht unbedingt verbessern.

48.000 Gastronomiebetriebe wurden seit 2020 geschlossen: Die Branche leidet unter den zahlreichen Krisen der vergangenen Jahre. Experten warnen: Die Welle hat gerade erst begonnen.

Etwas überraschend ist, dass trotz eines preisbewussteren Verhaltens das Interesse an Lieferdiensten abnimmt. Gehörten viele Anbieter während der Pandemie noch zu den wirtschaftlichen Gewinnern der Krise, geht die Zahl der Suchanfragen deutlich zurück – insbesondere, seit die Menschen in Deutschland wieder mehr auf ihr Geld achten. Rückgänge von etwa 18 Prozent sind die Folge. Das spüren besonders die Lieferdienste der großen US-Burger-Ketten, aber auch Dienstleister wie Lieferando.

Ein ähnliches Bild wie in der Gastronomie ergibt sich beim Blick auf die Reisebranche. Auf den Urlaub wollen die Deutschen nicht verzichten – doch es wird gespart. Im Reisebereich boomen mit Blick auf das Vorjahr günstige Pauschalreisen, während die Nachfrage im nach teureren, individuelleren Urlaubsmöglichkeiten im Vergleich zum Jahr 2023 stagniert oder gar sinkt. 



Die Suchen nach Pauschalreisen sind dagegen um 18 Prozent gestiegen. Davon dürften Reiseveranstalter wie Tui profitieren. Dort wird für das Geschäftsjahr 2023/24 mit einem Rekordergebnis gerechnet. „Für den Sommer erwarten wir eine stake Saison“, sagte Finanzvorstand Mathias Kiep im Februar. Zuletzt gaben Reisende aus Deutschland im Jahr 2023 etwa 87 Milliarden Euro aus, wie die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. ermittelt hat.

„Luxus geht auch in schlechten Zeiten“

Geht es ums Übernachten, wird die Kaufentscheidung immer mehr vom Preis beeinflusst. „Ist das Interesse am Auswärts-Schlafen zwar insgesamt um 18 Prozent gestiegen, fokussiert es sich primär auf Airbnbs und Hostels, während klassische, gehobenere Hotelketten deutlich verlieren“, sagt Schoenmakers. Eine Ausnahme gibt es jedoch im Premiumbereich: Dort ist die Nachfrage nach exklusiven Resorts und Lodges gestiegen.



„Luxus geht immer, auch in schlechten Zeiten. Hochpreisige Reisen werden nach Corona nachgeholt. Auffällig ist, dass viele Menschen länger reisen und auch bereit sind, deutlich mehr Geld auszugeben“, sagte Dirk Gowin, Gründer und Geschäftsführer der Select Luxury Travel GmbH, einem Veranstalter von Luxusreisen mit Sitz in Berlin, zuletzt gegenüber der WirtschaftsWoche.

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Die Deutschen gehen auch in krisenbehafteten Zeiten weiter gern auswärts essen und fahren in den Urlaub, doch viele treffen ihre Konsumentscheidungen immer deutlicher mit Hilfe des Blicks in die Geldbörse. „So sehen wir ein Land, das den Gürtel enger schnallt und dabei versucht, dass es sich nicht allzu sehr nach sparen anfühlt“, bilanziert Schoenmakers.

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