Werbesprech

Das Influencer-Marketing hat „ausgewendlert“

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Testimonial oder Influencer?

Unter den bekanntesten Testimonials finden wir Legenden und Ikonen wie Victoria und David Beckham, Franz Beckenbauer, Jürgen Klopp ebenso wie Lady Gaga, Taylor Swift, Britney Spears, Beyoncé, Thomas Gottschalk und Günther Jauch. Aber eben auch Dieter Bohlen.

Während Unternehmen beim meist Millionen Euro teuren Einsatz von bekannten Persönlichkeiten in der Regel von steigender Bekanntheit und wachsenden Umsätzen berichten, ging es für Müller Milch mit Dieter Bohlen gehörig in die Hose: Man verklagte ihn, nachdem der Showmaster öffentlich verlautbart hatte, dass Buttermilch „von 50-jährigen Bio-Latschenträgerinnen gekauft“ werde.

Der Unterschied zwischen Werbeerfolg und drohendem Skandal wie im Falle der Herren Bohlen und Wendler liegt auf der Hand. Ebenso, dass es im Umgang mit dem Begriff Influencer einer Zäsur bedarf. Die einen sind „Testimonials“, die anderen „Influencer“. Die einen sind Profis, die anderen B-, C- und D-Möchtegern-Promis. Es sei zwar eingestanden, dass diese Abgrenzung wissenschaftlichen Standards nicht standhalten würde, sie hilft womöglich aber vor riskanten Marketing-Investitionen.

Eine Zäsur, die nottut

Persönlichkeiten aus Sport und Kultur blicken auf eine langjährige Karriere zurück, die ihre Bekanntheit und Sympathie begründet. Sie verdienen Millionen mit Werbung und setzen diese Einnahmequelle nicht durch unprofessionelles Verhalten in Gefahr. Die Mehrzahl der Influencer jüngeren Typs blickt dagegen auf einen fragilen und äußerst kurzfristigen Ruhm. Sie sind heute plötzlich da und morgen ebenso schnell wieder weg – abgelöst vom nächsten Schwung an vermeintlichen Jungtalenten. Es sind weder Profis, noch gefestigte, verlässliche Persönlichkeiten.
Mit ihnen können Unternehmen nicht auf mittel- oder gar langfristigen Werbeerfolg bauen. Sie spielen in einer anderen Liga als Thomas Gottschalk, der fast ein Vierteljahrhundert lang mit Haribo eine enge und fruchtbare Verbindung eingingen.

Micro-Influencer, die in ihrer Zielgruppe ein hohes Ansehen genießen und authentische, glaubhafte Aussagen zu Produkten und Marken ihrer Wahl treffen können, seien ausdrücklich von diesem vernichtenden Urteil ausgenommen.

Typisch Digital-Marketing


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Influencer Marketing gehört somit zu einem der häufig anzutreffenden und inzwischen typischen Phänomene im modernen, digitalen Marketing. Man setzt lieber auf kurzfristigen, oftmals unüberlegten, aber teuren Aktionismus – statt auf eine langfristig angelegte Strategie, die eine Marke nachhaltig aufbaut und über Jahre und Jahrzehnte zum Erfolg führt. Das – darin sind sich alle Experten einig – wird das neuzeitliche Marketing bitter bereuen. Wenn die Markenwelt so weitermacht wie bisher, werden ihnen die No-Name-Handelsmarken endgültig den Rang ablaufen.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Werbung mit Influencern mit Vorsicht zu genießen ist. Unter der Überschrift „Die Arbeit mit Influencern kann gefährlich werden“ drei Hauptprobleme auf, denen man sich stellen muss: Brand-Fit, Influencer Fraud und Missverständnisse in der Kommunikation mit Influencern. Nun kommt ein viertes Problem hinzu. Nennen wir es „Wendlerism“. Wenn im Zweifel: Lassen Sie die Finger vom Influencer Marketing.

Mehr zum Thema: Die Zahl der gut verdienenden Influencer wächst rasant. Nun wollen auch die Finanzämter an der Social-Media-Industrie teilhaben.

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