Werner knallhart
Quelle: AP

Machen Sie den Punkte-Sammelwahn mit?

Der Handel macht uns süchtig mit seinen Kundenbindungs-Apps. Dabei sind einige so nervig unübersichtlich, andere so klipp und klar kundenfreundlich. Was für ein Kundenkartentyp sind Sie? Eine Kolumne.

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Wir sind als Kundinnen und Kunden ja Königinnen und Könige. Wir müssen uns 2024 wieder mehr drauf berufen. Denn die Kundenkarten-Apps mit all ihren Klick-sammel-auswähl-vormerk-premium-exklusiv-Vorteilen sind mitunter so demütigend.

Da ist zum Beispiel die Edeka-App. Um die an der Kasse zu aktivieren, um für irgendwas Punkte zu sammeln, brauchen Sie Internet. Aber in der Edeka-Filiale bei uns um die Ecke sagen die Kassiererinnen und Kassierer immer: „Hier ist kein Empfang.“ Und das Blöde ist, sie haben damit recht.

Natürlich gibt es eine Lösung. Das Edeka-Wlan. Also fummeln eingefleischte Punktesammler während des Bezahlvorgangs an der Kasse unentspannt an ihrem Handy herum. Denn einerseits hält man nun den ganzen Betrieb auf, andererseits: Das ist eben das Edeka-Prinzip. Die lieben Lebensmittel, aber wir Kunden müssen selbst gucken, wo wir bleiben.

Teure Supermärkte, billige Discounter? Eine Preisanalyse weckt Zweifel, dass der Einkauf bei Aldi, Lidl & Co. günstiger ist als bei Edeka und Rewe. Bei Aktionsangeboten sind Discounter oft die teurere Wahl.
von Henryk Hielscher

Während die anderen Kunden hinter denen anfangen, die von ihren hinten an der Kante aufs Band gequetschten Lebensmittel aufzureißen und anzuknabbern.
Dann hört man vorne wieder verzweifelt-geniertes Kunden-Murmeln wie: „Ich komm nicht in Ihr Wlan rein.“
Kassierer: „Ja, das sagen viele. Aber gehen Sie doch raus und probieren Sie es da.“

„Jetzt?“
Kassierer zuckt die Schultern: „Oder tragen Sie die Punkte mit dem Kassenbon nach. Wobei, vielleicht geht das gar nicht. Irgendwas geht nicht mit Nachtragen. Payback oder Edeka-Punkte.“
„Ach so, ja dann, äh, egal.“

Aber es gibt einen Trick: Vor dem Betreten des Ladens den Sammel-Strichcode aktivieren. Aber Achtung: nur eine Stunde gültig. Also nix mit ausgedehnter Liebe zu Lebensmitteln.

Dafür kommen Sie bei Edeka an weitere Prozente. Etwa 3 Euro geschenkt bei einem Einkauf ab 50 Euro. Aber nur bis 06.01. und einlösbar nur bis zum 13.01.
Man wird ganz hibbelig: Was, wenn ich das beste Schnäppchen verpasse?

Und da regen sich die Leute auf, wenn Amazon auf sie zugeschnittene Werbung macht. Mit all den Sonderangeboten, die mitunter in den Supermarkt- und Discounter-Apps durcheinander gewirbelt werden, lockt uns der Handel, unser Ernährungs-Verhalten nach ihnen zu richten.
Und das auch noch kreuz und quer durch Netz und Filialen: Lidl ködert mit Online-Angeboten und mit denen in der Filiale um die Ecke. Rewe auch. Aber bei Lidl ist mir und befreundeten Lidl-App-Nutzern schleierhaft, wie diese Rabatt-Aktionen am Ende auf den Bon kommen. Immerhin: Es klappt. Aber Sie müssen wählerisch sein.

Die Rewe-App hat noch einen Trick parat. Sie schreibt „Knaller 1.89 €“ für Shampoo von Garnier. Dort lässt sich sofort der Gutschein aktivieren. Nur wenn man das Angebot öffnet, sieht man: 1.89 € statt 1.99 €.“
Teilweise steht auch gar nicht da, von welchem Preis die Produkte reduziert werden. Dann heißt es schlicht „App Deal 1.39 €“. Rote Farbe muss da den interessierten Kunden genügen.

Bei Dm muss ich mich ständig in der App anmelden. Nutze ich dann die im Phone gespeicherten Zugangsdaten, heißt es: „stimmt nicht...“



Die Folge: Kein Bock mehr. Was ist bloß aus meinem Dm geworden? Bei Rewe gelange ich immer wieder direkt rein.

Aber ich habe bei Freunden gelugt: Dm bietet gerade 20 Prozent auf „Ernährung“. Also nicht auf Lebensmittel. Was genau dazu gehört, bleibt beim Einkaufen durchgängig schleierhaft. Auf dem Weg zur Kasse bleibt der volle Preis durchgängig stehen. Wir gehen auf Coupons und aktivieren den Coupon für die 20 Prozent. Warum reicht hier nicht die Nutzung der App? Ergebnis: Im Warenkorb steht weiterhin der volle Preis. Ach so, die Filiale muss erneut ausgewählt werden. WARUM? Dann geht was ab. Aber wovon? Das wird nicht klar. Da muss man schon Prozentrechnen rückwärts kennen, denn es steht nur da, wie viel billiger es zusammen geworden ist. Ist Kaugummi Ernährung oder doch nur ein Lebensmittel? Oder weder noch oder beides?

Ach, ich muss ja sagen: Rossmann zeigt da Dm und den anderen weiterhin die Rücklichter. Dort gibt es auch 24 Prozent hier bis dann und dann und 5 Euro dort, aber nur drei Wochen.

Aber Rossmann hat den 10-Prozent-auf-alles-Coupon. Mittlerweile hat sich der im Familien- und Freundeskreis rumgesprochen und ich höre Sprüche wie: „Ich habe Rossmann nie gemocht. Aber 10 Prozent sind irre. Meine Mutter ist auch völlig am Durchdrehen.“ 10 Prozent: „So viel Rabatt haben wir früher als Mitarbeiter bei Dm bekommen.“

Machen Sie sich klar: Wenn sie bei Rossmann für 80 Euro einkaufen (ein Kilo Bio-Kaffeebohnen alleine kostet schon 11 Euro), zahlen Sie nur 72 Euro. Unsere Familie spart im Jahr rund 150 Euro bei Rossmann. Ohne Brimborium. So ist für mich als altem Dm-Fan eine neue Ära angebrochen: Ich kaufe dort, wo ich immer sofort weiß, was ich spare. Immer. Alle paar Wochen gibt es vier neue Gutscheine. Leute!

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Die Rossmann-App bleibt mit den fast schon hinterher geschmissenen 10-Prozent-Rabatten der Rolls-Royce unter den Kundenapps. Jetzt, da die Deutsche Bahn die Kreditkarte zum Sammeln von Bahnbonus-Punkten abgeschafft hat, noch deutlicher. Wollen die anderen Ketten nicht mitziehen? Ich sag mal so: Ich kenne niemanden, der das blöd finden würde.

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