Volkswagenvorstand Gunnar Kilian ging mit gutem Beispiel voran: Auf dem sozialen Netzwerk Linkedin rief er dazu auf, sich an Spendenaktionen für Menschen aus der Ukraine zu beteiligen. „Wir dürfen nicht tatenlos zusehen!“, schrieb der Personalvorstand. Und: „Wir alle können etwas tun!“ Er selbst, so Kilian, beteilige sich deshalb an der Volkswagen Spendenaktion zur Unterstützung der UNO-Flüchtlingshilfe. Doch wer bei Volkswagen nachfragt, wie viel Kilian gespendet habe, bekommt nur eine spärliche Antwort: Das sei „Privatangelegenheit“. Darüber könne man „keine Auskünfte“ geben.
Kilian ist nicht allein – so wie er spenden derzeit viele Manager deutscher Unternehmen für die Menschen aus der Ukraine. Beim Autozulieferer Continental etwa hätten „alle Vorstandsmitglieder“ privat gespendet, „um einen Beitrag dazu zu leisten, das Leid der Menschen in der Ukraine zu lindern“, teilte der Konzern auf Anfrage mit. Doch wie viel gespendet wurde, soll dort wie in allen anderen angefragten Unternehmen Privatsache bleiben.
Bei Audi etwa: Dort hatte die Mutter, der Volkswagen-Konzern, zu konzernweiten Mitarbeiterspenden an die Uno-Flüchtlingshilfe aufgerufen. „Viele Audi-Mitarbeitende und natürlich auch unser Vorstandsteam engagieren sich hier aktuell und folgen dem Aufruf privat zu spenden“, heißt es aus dem Unternehmen. Beim Industriekonzern Siemens und dem Medizinausrüster Siemens Healthineers kamen inklusive der Spenden von Mitarbeitern bislang 4,2 Millionen Euro zusammen: „Aufsichtsrat und Vorstand beteiligen sich mit großzügigen persönlichen Spenden an der Hilfsaktion“, teilte Siemens mit.
Geld rettet Leben – tausende gefahrene Kilometer aber auch. Das zeigt das Beispiel eines einzelnen Mitarbeiters der Deutschen Bank. Der Filialdirektor aus Arnsberg fuhr über 3000 Kilometer hin und zurück bis zur polnisch-ukrainischen Grenze, um dort seinen 17-jährigen Neffen aus der Ukraine abzuholen und bei sich aufzunehmen. Die Privatkundenbank habe zudem beschlossen, Gebühren für Auslandsüberweisungen in die Ukraine zu erstatten.
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Gestellte Autos zusätzlich zur Spende
Autokonzerne bieten neben Geld auch gerne Sachleistungen an. BMW unterstützt gemeinnützige Partner mit Fahrzeugen für den Transport von Lebensmitteln und Medikamenten zur polnisch-ukrainischen Grenze. Auch Mercedes hat Hilfswerken angeboten, Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Derzeit jedoch sei die Empfehlung der Hilfsorganisationen, vorwiegend Geldspenden vorzunehmen, teilte Mercedes mit. Und so hat das Unternehmen als sofortige Maßnahme schon am 25. März entschieden, eine Million Euro an das Deutsche Rote Kreuz zu spenden. Das Geld sei bereits überwiesen.
Eine Million Euro ist offenbar eine beliebte Spendensumme. So haben auch die Deutsche Bank, BMW (für Unicef), Volkswagen (Uno-Flüchtlingshilfe) oder Audi (überwiegend für die Uno-Flüchtlingshilfe) eine Million Euro gespendet. Auch Continental wird an die UNO-Flüchtlingshilfe spenden.
Bayer hat einen Hilfsfonds mit einem Volumen von drei Millionen Euro eingerichtet. Bayer-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlossen sich einer Mitarbeiter-Spendenaktion an und haben binnen zehn Tagen mehr als 800.000 Euro gesammelt. Bayer will wie viele andere Unternehmen auch alle Spenden der Mitarbeiter verdoppeln, um die Unterstützung zu erhöhen. So stellte der Versicherer Allianz zehn Millionen Euro unter anderem für das Deutsche Rote Kreuz zur Verfügung und verdoppelt Mitarbeiterspenden bis zu 2,5 Millionen Euro. Die Liste ließe sich fortsetzen, die WirtschaftsWoche fragte Unternehmen stichprobenartig an.
Allianz stellt Unterkünfte bereit
Bei der Allianz soll es nicht beim Geld bleiben: Für die Sicherheit der Mitarbeiter kümmert sich das Unternehmen um den Transport Geflüchteter ab der ukrainischen Grenze. „Außerdem stellen wir Unterkünfte bereit oder kümmern uns darum, dass die Mitarbeiter in Hotels übernachten können. Zudem bieten wir psychologische sowie finanzielle Unterstützung an“, teilte die Allianz mit.
Mitarbeiter bei Audi haben auch privat angepackt und private Initiativen ins Leben gerufen. Ein Team sammelt etwa Sachspenden und bringt diese in Kooperation mit dem Club „Round Table 96 Ingolstadt“ auf den Weg zur polnisch-ukrainischen Grenze. Rund 40 Freiwillige haben Audi zufolge am Wochenende zwei Lastzüge mit den ersten Hilfsgütern beladen. Andere Mitarbeiter engagierten sich demnach ehrenamtlich beim THW und der freiwilligen Feuerwehr oder unterstützten den Malteser Hilfsdienst.
Mittelständler spenden leiser
Da ein Dach über dem Kopf unbezahlbar ist, wirbt Mercedes intern auch für eine Plattform, auf der Übernachtungsplätze für Geflüchtete aus der Ukraine zur Verfügung gestellt werden können (unterkunft-ukraine.de). Im Unternehmen wurde auch eine Arbeitsgruppe für die Koordination der Hilfe gegründet. Sie steht im Austausch mit dem Deutschen Roten Kreuz und anderen Hilfsorganisationen, um konkrete weitere Hilfsmöglichkeiten zu evaluieren. „So wollen wir sicherstellen, dass die Hilfe ankommt und dass das Unternehmen und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort unterstützen, wo zur Zeit auch wirklich Hilfe benötigt wird“, heißt es bei Mercedes.
Auch mittelständische Unternehmen spenden - doch viele tun das eher leise. Trumpf etwa antwortete auf eine Anfrage der WirtschaftsWoche, dass das Unternehmen „einen signifikanten Betrag spenden“ werde und man darüber hinaus „eine Menge praktischer Dinge zur Unterstützung“ organisiere, „von der Koordination privater Spendenaktionen der Mitarbeiter bis hin zu Unterbringungen, Service für Außendienstler vor Ort“ und so weiter. „Aber wir veröffentlichen Stand heute weder Zahlen noch Listen.“
Kilian von Volkswagen dürfte all das gerne lesen: Auf Linkedin appellierte er an alle, zu unterstützen, wo es nur geht. „Jetzt zählt es!“, schrieb er in seinem Post.
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