Lkw-Maut Drohen eine Milliarde Euro weniger Mauteinnahmen?

Eine Langzeitbelichtung zeigt Leuchtspuren von Pkw und Lkw auf der Autobahn A2 an der Ausfahrt Lehrte in der Region Hannover Quelle: dpa

Der Bund storniert und verschiebt längst beschlossene Reparaturen und Ausbaumaßnahmen am Autobahnnetz – weil Geld für die Investitionen fehlt. Nun brechen 2024 wegen der flauen Konjunktur auch noch die Mauteinnahmen ein.

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Die Straßenbauunternehmen sorgen sich um abgesagte Aufträge und ausbleibende Ausschreibungen der Autobahn GmbH des Bundes. Die Haushaltsmittel für eigentlich geplante Reparaturen und Ausbaumaßnahmen am zunehmend maroden Autobahnnetz reichen nicht aus. Nun schlägt der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) Alarm, weil in zwei Monaten womöglich der Worst Case eintritt: „Wir gehen davon aus, dass der Autobahn GmbH ab Mitte des Jahres das Geld für neue Projekte insbesondere auch im Bereich der Erhaltung und im Brückenbau ausgehen wird“, sagt HDB-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller gegenüber der WirtschaftsWoche.

Die Chance, dass Berlin zusätzliche Mittel freigibt, ist begrenzt.

Denn Bundesverkehrsminister Volker Wissing muss zusätzlich aus seinem Etat Einnahmeausfälle bei der Lkw-Maut begleichen. Diese bringt auf Grund der schwachen Konjunktur weniger ein als gedacht. „Die Maut-Lücke 2023 betrug bereits eine halbe Milliarde Euro“, sagt Müller und prognostiziert: „Der Fehlbetrag für 2024 könnte sich auf eine Milliarde Euro belaufen.“ Mittel, die der Autobahn GmbH und dem Bundesverkehrsminister fehlen und die, fordert Müller, „der Bundestag mit zusätzlichen Investitionsmitteln ausgleichen muss, damit der wichtigste Verkehrsträger in Europa – die Straße – nicht kollabiert.“

Schon 2022 waren die Maut-Einnahmen mit rund 7,4 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr (7,6 Milliarden Euro) gesunken. Aufgrund der in diesem Jahr wirksamen Mauterhöhung erwartet der Bund für 2024 eine Beinahe-Verdopplung der Einnahmen auf 15,1 Milliarden Euro. Stattdessen werden es – wenn der HDB Recht hat – nur rund 14 Milliarden. Politisch heiß umstritten ist, wieviel von den Mehreinnahmen im Haushalt für die Bahn und für Straßen eingesetzt wird.

33 Millionen Euro statt geplanter 18 Millionen

Bisher lassen der Bundestag und der FDP-Minister die Autobahn GmbH mit ihren Liquiditätsproblemen allein. Die vor einigen Jahren umorganisierte ehemalige Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen hat in den vergangenen Monaten mindestens fünf teilweise schon ausgeschriebene Baumaßnahmen wegen Geldmangel gestoppt. Bei den Straßenbauunternehmen trudeln Storno-Mitteilungen der Autobahn GmbH ein – etwa für die Fahrbahndeckenerneuerung der A4 bei Dresden. Zumindest vorläufig ausfallen werden auch Arbeiten an der A71 bei Halle in Thüringen, der A25 bei Hamburg und der A73 bei Bamberg.

Grund sind unter anderem Preissteigerungen. Das niedrigste Gebot etwa für die A71-Baumaßnahme lag mit 33 Millionen Euro fast doppelt so hoch wie die veranschlagten 18 Millionen Euro. „Es handelt sich nicht um Einzelfälle“, schreibt der HDB in einem Thesenpapier.

Nominal stiegen die Haushaltsmittel für die Bundesfernstraßen zwar von 7,9 Milliarden Euro auf 8,5 Milliarden in diesem Jahr und sollen nach der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes in den kommenden Jahren noch einmal auf 8,9 Milliarden Euro anwachsen. Die für viele Bauprojekte ursprünglich kalkulierten Investitionen entsprechen aber längst nicht mehr der Realität. Der HDB warnt: „Unter der Berücksichtigung der Inflation und Baupreissteigerungen ist sogar von einem realen Rückgang der Investitionen zwischen 20 und 30 Prozent auszugehen.“ Auch in den kommenden Jahren sei daher „mit einem weiteren Rückgang der ausgeschriebenen Bauleistungen zu rechnen“.

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Bereits Ende 2023 konnten offene Rechnungen für bereits geleistete Arbeiten der Straßenbauunternehmen durch den Bund nicht bezahlt werden. Nachdem zeitweise ein Ausschreibungsstopp erteilt wurde, spitzt sich die Situation 2024 nun zu. Straßenbauunternehmen berichten ihrem Verband von Gesprächen mit Auftraggebern des Bundes, in denen es heißt, wegen fehlender oder unsicherer Finanzierung würden keine neuen Projekte mehr angestoßen. HDB-Geschäftsführer Müller warnt, die dringend notwendige Erhaltung von Straßen und Brücken drohe weiter verschleppt zu werden: „Der Abbau des Investitionsstaus gerät ins Stocken.“

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