KI-Smartphone beim MWC Wird die Deutsche Telekom zum Tech-Konzern?

Prototyp eines Künstliche-Intelligenz-Smartphones der Deutschen Telekom. Quelle: dpa

Mit ihrem KI-Phone will die Deutsche Telekom in der Domäne der Smartphone-Hersteller wildern. Kann das klappen? Vielleicht schon, sagt Accenture-Berater Boris Maurer im Interview.

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WirtschaftsWoche: Herr Maurer, auf dem Mobile World Congress hat es die Deutsche Telekom geschafft, die Aufmerksamkeit der Branche auf sich zu ziehen. Ist die Begeisterung für das KI-Phone berechtigt?
Boris Maurer: Mich hat das KI-Phone der Deutschen Telekom und der beteiligten Partner begeistert. Das ist der Versuch, ein Smartphone ohne Apps zu gestalten. Möglicherweise bin ich etwas voreingenommen, weil ich das selbst schon versucht habe. Vor fast 15 Jahren gründete ich gemeinsam mit Christopher Schläffer Yetu. Die Idee war, eine Ebene über alle Apps und die Appstores hinweg zu legen, um ein kundenzentrisches Internet zu bauen, bei dem ein auf KI-basierender Assistent alle App-Anwendungen in sich vereint.

Das scheint nicht geklappt zu haben…
Die Idee war damals ihrer Zeit voraus. Das lag zum einen an der technologischen Entwicklung, aber auch an weiteren Rahmenbedingungen. Dies ist das erste Mal seitdem, dass ich eine stimmige Vision für ein Konsumentenprodukt sehe, in dem ein KI-Assistent der Rolle der Apps übernimmt. Wir beobachten gespannt, wohin das führt.

Alle erinnern sich an ein Handy namens Fire von Amazon – das war ein Flop.
Aktuell ist das Telefon ohne Apps natürlich nur ein Showcase. Aber ich traue dem Team dahinter einiges zu.

Boris Maurer

Zur Person

Die Telekom zeigte auch neuartige, schicke Router als Designstudien. Da geht sie bewusst wildern in die Geschäftsfelder anderer. Aber ist es die Rolle der Telekom, das beste Telefon oder den besten Router zu entwickeln?
Nein. Für Telekommunikationsunternehmen ist es per se immer eine große Herausforderung, ein komplett vertikal integriertes Modell von der Hardware bis zum Service zu bauen. Damit begibt man sich in komplett neues Fahrwasser und es gibt kein erfolgreiches Vorbild. Aber vor sich selbst zu demonstrieren, wie man sich vor den Kunden differenzieren kann, ist dennoch absolut richtig. So kann man zeigen, wie es funktionieren soll. Dann muss man die entsprechenden Partner finden, die diese Ideen umsetzen und das Geschäftsmodell in diesem Ökosystem definieren, bei dem jeder seinen Teil beiträgt und verdienen kann.

Was kommt dabei im besten Falle für die Telekom heraus?
Als Telekommunikationskonzern muss man an der Arbeit an einem Pionierprojekt wie dem KI-Phone erkennen, wo die eigene eigentliche Stärke liegt. Das könnte dann zum Bespiel auf eine eigene Benutzeroberfläche für ihre Kunden hinauslaufen. Es geht nicht darum, zum führenden Hardware-Hersteller zu werden. Um zu verstehen, wohin man sich weiterentwickeln möchte, muss man mal alle Teile des Ökosystems angefasst haben.

Die Deutsche Telekom zeigt beim MWC ein Smartphone ohne Apps, die ein KI-gestützter Concierge ersetzt. Ein revolutionäres Konzept, das die Branche radikal umkrempeln könnte.
von Thomas Kuhn

Die Deutsche Telekom entwickelt in einem Konsortium unter Führung des koreanisches Anbieters SK Telekom eine Sprach-KI, die mit den Daten der speziell auf die Bedürfnisse der Branche trainiert. Warum sitzen da die Koreaner im Chefsessel?
Korea ist ein Innovationslabor – wie übrigens auch Japan. Das gilt insbesondere auch für Large Language Modelle. Im eigenen relativ abgeschlossenen Kultur- und Sprachraum ließen sich schon in der Vergangenheit integrierte Lösungen bauen, die dort funktionieren. Firmen wie Samsung, SKT, NTT Docomo oder auch Softbank haben vieles pilotiert. Das ließ sich zwar nicht eins zu eins im Rest der Welt so umsetzen, lieferte aber wegweisende Konzepte dafür, wie man technische Neuerungen nutzbar machen kann. Koreaner sind vorne dran, wenn es darum geht, mit intuitiven User-Schnittstellen oder mit Large-Language Modellen zu experimentieren.

Diesen Anspruch hegt die  Deutsche Telekom eigentlich selbst als Marktführer in Deutschland und am schnellsten wachsender Anbieter in den USA.
Man unterscheidet in der KI zwischen denen, die sie programmieren, und jenen, die sie anwenden. Telcos sind komplex und verstehen ihre eigenen Herausforderungen immer noch am besten, also müssen sie auch selbst Kompetenzen aufbauen und ihre speziellen Modelle trainieren – das kann die Industrie nicht vollständig anderen überlassen.

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Wie muss man sich das erhoffte Ergebnis vorstellen? Ein Chatbot, der alle Fragen von Kunden und gar von Mitarbeitern perfekt beantwortet?
Am Ende arbeiten da „Mensch und Maschine“ in vielen Bereich zusammen und können bessere Lösungen für Kunden und Mitarbeitende finden. Darüber hinaus kämpfen aber alle Telcos mit ihren unglaublich komplexen Systemwelten – und KI wird am Ende helfen, diese ins Labor zu holen, zu verstehen und dann die Transformation zu unterstützen. Wir unterschätzen häufig, wie groß diese Herausforderung ist. Wenn wir uns ein Auto bestellen, dann wollen wir auch Varianten konfigurieren und das Beste für uns selbst zusammenstellen. Aber am Ende handelt es sich um einen Baukasten. Bei Telcos ist das anders – ein Festnetz-Anschluss ist praktisch eine Einzelanfertigung – für jeden der 40 Millionen Anschlüsse immer ein bisschen anders. Wenn KI da helfen kann die Komplexität zu entwirren, dann sind wir einen Riesenschritt weiter.

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