Die Höhle der Löwen „Warum sollte ich aufhören, weil ein anderer Mist gebaut hat?“

Joachim Sedlmeir präsentiert das digitale Trinkgeld-Management „YoYo.TIPS“. Er erhofft sich ein Investment von 120.000 Euro für 15 Prozent der Firmenanteile.Foto: RTL / Bernd-Michael Maurer Quelle: RTL, Bernd-Michael Maurer

Das Augsburger Start-up PayClou will mit seiner Plattform YoYo Tips Trinkgeld per QR-Code salonfähig machen und so steuerrechtliche Probleme lösen. Von den TV-Investoren gab es für die Idee viel Lob – aber auch ein Investment?

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Trinkgelder sind nur dann steuerfrei, wenn sie direkt übergeben werden. Bei Kartenzahlungen ist das selten der Fall, denn das Geld landet erst auf dem Konto des Arbeitgebers. Das Augsburger Start-up PayClou geht dieses Problem mit der Plattform YoYo Tips an: Mitarbeiter erhalten personalisierte QR-Codes, über die Kunden ihnen direkt Trinkgeld zukommen lassen können.

In der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ bot Gründer Joachim Sedlmeir den Investoren 15 Prozent der Firmenanteile gegen eine Finanzspritze von 120.000 Euro an. Im Interview spricht der 44-Jährige darüber, wie es für YoYo Tips seit der Aufzeichnung weiterging – und warum es sein Start-up ohne den Wirecard-Skandal wohl nicht geben würde.

WirtschaftsWoche: Herr Sedlmeir, von den „Löwen“ gab es viel Lob für Ihren Pitch. Wie groß war die Enttäuschung, dass dennoch niemand investiert hat?
Joachim Sedlmeir: Meine Erwartung war gar nicht so groß. Ich hatte mich nicht um einen Auftritt bei „Die Höhle der Löwen“ bemüht, sondern war von der Redaktion angesprochen worden und habe daraufhin meine Unterlagen eingereicht. Als Gründer nimmt man gerne die Möglichkeit wahr, seine Idee vor einem Millionenpublikum zu präsentieren. Ein Investment wäre natürlich trotzdem schön gewesen. Besonders Dagmar Wöhrl mit der Hotelkette ihrer Familie hätte gut gepasst. Sie hat sofort verstanden, welches Problem YoYo Tips löst.

Mit Ihrer Lösung kann man Servicekräften bargeldlos per QR-Code ein Trinkgeld geben. Bilden das nicht längst auch gängige Kartenzahlungssysteme ab?
Wenn man beispielsweise im Restaurant mit Karte zahlt und das Trinkgeld mit abgebucht wird, landet das erst einmal beim Inhaber. In dem Moment wird es steuerpflichtig. Oft gibt es auch einen Streit darüber, wie das Trinkgeld unter den Angestellten aufgeteilt wird. Diese Probleme gibt es bei unserer Lösung nicht. Als Gast scannt man den QR-Code der Servicekraft und das Trinkgeld landet direkt bei dieser Person. Dann ist es, wie bei einem Trinkgeld in bar, steuerfrei.

Sowohl Carsten Maschmeyer als auch Dagmar Wöhrl waren skeptisch, dass es Ihnen gelingt, Ihre App bekannt genug zu machen. Eine berechtigte Sorge?
Jedes Start-up kämpft am Anfang damit, sein Produkt bekannt zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass YoYo Tips großen Zulauf bekommen wird. Der Trend zum bargeldlosen Bezahlen ist nicht aufzuhalten. Unternehmen müssen sich nach Lösungen umsehen, wenn sie die Steuerproblematik rechtssicher lösen wollen. Im schlimmsten Fall werden sonst gar keine Trinkgelder akzeptiert. Das würde das Gehaltsgefüge in vielen Berufen verschlechtern und den Personalmangel noch verschärfen.

Konkurrenten wie Tippie und eDrixx bieten ganz ähnliche Apps an. Wie wollen Sie sich abheben?
Dass es Wettbewerber gibt, zeigt, dass auch andere das Problem erkannt haben. Jedes System hat Vor- und Nachteile – Unternehmen können die für sie passendste Lösung aussuchen. Der Markt ist groß genug. Auch bei Kassensystemen gibt es mehrere Anbieter, die gut nebeneinander existieren. Für mich ist erst einmal wichtig, dass wir einen guten Job machen und nicht so sehr darauf schauen, was unsere Wettbewerber machen.

Ihr Pitch ist schon vor knapp einem Jahr aufgezeichnet worden. Damals sind Sie gerade gestartet. Wie viele Kunden haben Sie seither gewinnen können?
Genaue Zahlen möchte ich nicht nennen. Die Nachfrage ist stetig steigend – und so richtig geht es mit dem Marketing jetzt erst los.

Wie sind Sie eigentlich zu dem Thema gekommen?  
QR-Code-basierte Bezahlmöglichkeiten waren schon der Kern meines vorherigen Start-ups, Stampay-Go. Da ging es darum, Unternehmen ein einfaches bargeldloses System anzubieten, das unabhängig vom Kassensystem und ohne besondere Hardware funktioniert. Vorbild dafür war der asiatische Markt: Dort ist es schon lange üblich, über WeChat, Alipay & Co. per QR-Code zu bezahlen. An unsere Lösung hat auch Wirecard geglaubt, mit denen wir eine Vertriebspartnerschaft eingegangen sind. 

Keine glückliche Kooperation: Als im Sommer 2020 der Betrug bei Wirecard aufflog, ging bald auch bei Stampay-Go das Licht aus… 
Die enge Bindung an Wirecard hat uns damals das Genick gebrochen. Es war ja nicht nur eine Vertriebspartnerschaft, sondern wir waren technologisch von denen abhängig. Die ganze Zahlungsabwicklung lief über Wirecard. Das war vorbei, als sich dort der Betrugsverdacht erhärtet hat. So schnell konnten wir aber keinen Ersatz finden. Letztlich mussten wir Insolvenz anmelden und 17 Mitarbeitern kündigen. Das war keine einfache Zeit für mich.

Hätten Sie ahnen können, dass bei Wirecard etwas faul ist?
Für uns war das damals erst einmal der perfekte Partner – und auch viele andere namhafte Start-ups haben gut mit Wirecard zusammengearbeitet. Wir hatten auch nie mit Jan Marsalek oder Markus Braun zu tun. Unsere Ansprechpartner waren in der Produktentwicklung, das waren alles sehr professionelle und sympathische Leute. Für die tat es mir auch leid.

Was hat Sie angetrieben, mit einem neuen Start-up noch einmal von vorne zu starten?
Nachdem der Schock verdaut war, habe ich mich irgendwann gefragt: Warum sollte ich aufhören, weil ein anderer Mist gebaut hat? Ich habe die Technologie aus dem alten Unternehmen übernommen, mir einen Gründerkredit geholt und habe als Solo-Entrepreneur wieder von vorne angefangen. Ich bin stolz auf das neue Unternehmen und freue mich umso mehr, dass es jetzt Bekanntheit erlangt. Vielleicht wird so auch ein Investor oder ein Vertriebspartner auf uns aufmerksam.

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Im Handelsregister sind Sie auch als Geschäftsführer von FertWise aufgeführt. Firmenzweck ist „die Entwicklung von Lösungen zur effizienten Ausbringung von organischen Düngern wie Gülle und Düngemitteln“. Ist das Ihr Plan B?
Nein, FertWise ist ein kleines Nebenprojekt. Mein Vater, der inzwischen 85 Jahre alt ist, hatte eine super Idee für eine landwirtschaftliche Maschine. Ich möchte noch nicht so viel darüber verraten, da gerade eine Patentanmeldung im Gange ist. Aber das steht für mich aktuell nicht im Fokus. Ich konzentriere mich darauf, YoYo Tips nach vorne zu bringen.

Lesen Sie auch: Die Deutschen zahlen immer noch am liebsten mit Karte oder bar. Smartphones werden zwar immer öfter benutzt, kommen aber noch lange nicht ran.

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