Studium Deshalb gehen so viel Studierende in ihrer Heimatstadt zur Uni

Die Anzahl der Studierenden ging zuletzt leicht zurück. Quelle: imago images

Rund die Hälfte der Erstsemester studieren im nahen Umkreis ihrer Heimstadt – und die Zahl der Studierenden, die noch bei ihren Eltern wohnen, steigt. Doch woran liegt das?

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Vorlesungen, Seminararbeiten und abends in die Studi-Kneipe um die Ecke – rund 2,9 Millionen Menschen waren im Wintersemester 2022/2023 an den deutschen Hochschulen eingeschrieben. Viele der Erstsemester entschieden sich jedoch dagegen, in die weite Welt zu ziehen: Im vergangenen Jahr betrug bei 50,7 Prozent der Studierenden die Entfernung zwischen Heimatort und Hochschulstandort weniger als 50 Kilometer. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE). Ob es mehr Studierende sind als noch vor einigen Jahren, lässt sich allerdings nicht sagen. Dafür fehlen Vergleichsdaten.

Doch warum bleiben so viele Studierende in Heimatnähe? Wollen sie ihre Heimat nicht verlassen? Fehlt die Lust auf Neues? Oder steckt doch etwas anderes dahinter?

Ein Grund seien die gestiegenen Kosten, so Studienautor Marc Hüsch: „Die hohe Zahl der Personen in Deutschland, die aktuell heimatnah studieren, hat sicher viele Gründe, zum einen etwa auch die gestiegenen Energie- oder Wohnkosten.“

Denn in den größten deutschen Studenten-Städten wird Wohnen immer teurer, wie eine Auswertung des Moses-Mendelssohn-Instituts zeigt. Im Deutschlandschnitt lag die Warmmiete für ein WG-Zimmer im vergangenen Wintersemester bei 472 Euro.

720 Euro für ein WG-Zimmer in München

Spitzenreiter dabei: München. Studierende zahlen hier rund 720 Euro monatlich für ein Zimmer. Auch im sogenannten Münchner Speckgürtel finden Studierende kaum noch günstigen Wohnraum. Selbst dort kostet ein WG-Zimmer immer noch durchschnittlich 610 Euro. Berlin befindet sich auf Platz zwei mit den teuersten WG-Zimmern – stolze 640 Euro werden hier im Schnitt fällig. Allein von Mitte 2022 bis Mitte 2023 sind in der Hauptstadt die Mietpreise für Zimmer laut Moses-Mendelssohn-Institut um mehr als 16 Prozent gestiegen. Experten rechnen damit, dass die Preise in Zukunft weiter steigen werden, nur nicht mehr ganz so rasant.

Doch die staatliche Förderung Bafög deckt nur einen geringen Teil der Kosten ab. So beträgt die Wohnkosten-Pauschale beim Bafög gerade einmal 360 Euro. Der Förderhöchstbetrag den Studierende erhalten können, liegt bei 934 Euro. Viel zum Leben bleibt neben der Miete nicht übrig. „Die aktuelle Situation ist schwierig für die Studierenden. Denn auch bei den aktuellen hohen Kreditzinsen müssen sich Studierende überlegen, wie die Finanzierung funktioniert“, so Hüsch. Zwar sank der Zinssatz für einen KfW-Studienkredit zuletzt leicht. Mit 7,5 Prozent sind die Zinsen dennoch auf hohem Niveau. Können die Eltern finanziell nicht weiterhelfen, müssen Studierenden neben dem Studium noch jobben.

Hinzu kommen die gestiegenen Fixkosten wie zum Beispiel für Lebensmittel, die einen weiteren Grund für die Heimatnähe darstellen können. In Befragungen unter Studierenden in grundständigen Studiengängen für das CHE Hochschulranking gaben zuletzt rund 28 Prozent der Studierenden an, dass sie noch bei ihren Eltern wohnen. „Es ist eine leichte Tendenz nach oben zu erkennen. 2018 lebten 25 Prozent der befragten Studierenden bei den Eltern, 2003 waren es 22 Prozent”, erläutert Hüsch. Er weist aber daraufhin, dass die jüngste Entwicklung auch mit der Coronapandemie zusammenhängen kann. Anstelle der Hörsaalbank hieß es damals Online-Vorlesungen aus der Ferne. Statt für das WG-Zimmer könnten sich deshalb viele Studierende bewusst für das heimische Kinderzimmer entschieden haben. Demnach sei es möglich, dass bei der nächsten Befragung die Zahl wieder leicht auf das Niveau von 2018 abebbe.

Soziales Umfeld als Faktor

Ebenfalls ein entscheidender Aspekt: das soziale Umfeld. „Bei einem entsprechenden Studienangebot in Heimatnähe könnte den Studierenden ein Studium an einer nahgelegenen Hochschule mehr zusagen, da ihre Familie und Freunde in der Nähe sind“, vermutet der Studienautor. Gerade bei Studiengängen wie Maschinenbau oder Betriebswirtschaftslehre stehen die Chancen durch die hohe Hochschuldichte gut, eine passende Universität im nahen Umkreis zu finden.

Doch gerade für ländliche Regionen könnten sich daraus Vorteile ergeben. Denn die Hochschullandschaft hat eine erhebliche Bedeutung für die Regionen. „Damit können besonders im ländlichen Raum Fachkräfte gesichert werden und den Studierenden eine langfristige und möglicherweise auch eine berufliche Perspektive in ihrer Heimat geboten werden“, hebt Hüsch hervor.

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Zwar befindet sich die Studierquote aktuell auf einem hohen Niveau. Doch zuletzt ging die Anzahl der Studierenden laut dem Statistischen Bundesamt leicht zurück. Deshalb mahnt der Studienautor: „Die Politik muss das Große und Ganze im Auge behalten. Es muss für alle die finanzielle Möglichkeit bestehen, eine Chance auf die bestmögliche Bildung zu erhalten.“

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