Riedls Dax-Radar
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Diese Börsenkorrektur bietet neue Kaufchancen

Gemischte Wirtschaftsdaten und Inflationsgefahren lassen die Kurse zittern, zentrale Aktien wie SAP, BASF und die Deutsche Bank stützen den Markt. Die aktuelle Kurskorrektur bietet neue Einstiegsgelegenheiten.

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Die Aktienmärkte werden derzeit konfrontiert von einer Reihe unterschiedlicher, zum Teil widersprüchlich wirkender Nachrichten. Die US-Wirtschaft, die bisher als robust galt und nach den Prognosen des Internationalen Währungsfonds in diesem Jahr um 2,7 Prozent zulegen soll, schaffte im ersten Quartal gerade einmal 1,6 Prozent Wachstum. Im letzten Quartal des Vorjahres waren es noch 3,4 Prozent. An der Börse könnte eine solche Meldung als Beleg für baldige Zinssenkungen angesehen werden.

Doch die Inflationsdaten zeigen in die andere Richtung. Die Kernrate der US-Konsumentenpreise, bei der Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet werden, stieg im ersten Quartal überraschend stark auf 3,7 Prozent. Sollte dies nun tatsächlich ein Wiederaufflammen der Inflation signalisieren, rücken Zinssenkungen der amerikanischen Notenbank in weite Ferne. Galt bis vor kurzem noch der Juni als möglicher Zeitpunkt für eine geldpolitische Lockerung, so wackelt mittlerweile selbst der September-Termin. Erst Ende des Jahres, so nun die mehrheitlichen Erwartungen, könnte die Fed den Hebel bei den Zinsen umlegen.

Die Reaktion an den Bondmärkten folgt prompt. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen ist in der Spitze wieder bis auf 4,74 Prozent gestiegen. Das Hoch bei 5,0 Prozent vom Oktober vergangenen Jahres rückt bedrohlich näher. Das schöne Börsennarrativ von der rückläufigen Inflation und der sich erholenden Wirtschaft, das seit Ende 2023 gilt, gerät schwer ins Wanken.

Muss es deshalb andererseits nun gleich in eine Stagflation gehen, in eine Mischung schwächerer Wirtschaft und steigender Preise? Auch das ist keineswegs ausgemachte Sache. Dagegen spricht, dass sich zahlreiche wichtige Börsenunternehmen schlichtweg gut entwickeln. In den USA gilt das besonders für Alphabet, Microsoft, Salesforce oder Meta – alles Protagonisten der technikgetriebenen Konjunktur und der parallelen Hausse an den Aktienmärkten. Dass Elektropionier Tesla dagegen langsam der Strom ausgeht und die Aktie sich in einer grundlegenden Anpassung ihrer überzogenen Bewertung befindet, ist nach der Entwicklung der vergangenen Monate keine Überraschung.

Comeback made in Germany: die Deutsche Bank

Eine Überraschung dagegen ist die mittlerweile stabile Erholung der Deutschen Bank – das zeigt ein Kurssprung von acht Prozent binnen weniger Stunden als Reaktion auf die aktuellen Quartalszahlen. Die Erträge legen stetig zu und werden dieses Mal vor allem durch den Provisionsüberschuss beflügelt. Das zeigt, dass die Deutsche Bank eben nicht einfach nur ein Profiteur steigender Zinsen ist. Das Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren und Währungen, Paradedisziplinen der Bank, ist robust. Im Emissions- und Beratungsgeschäft werden Marktanteilsgewinne erzielt, in der Vermögensverwaltung kommt es zu Nettozuflüssen von 19 Milliarden Euro.

Die Aufwand-Ertrag-Relation ist zwar mit 68 Prozent noch vergleichsweise hoch. Doch hier zählte die Deutsche Bank noch nie zu den Billigheimern; und immerhin hat sich auch dieser Wert seit Jahresfrist um drei Prozentpunkte verbessert. Unterm Strich bleibt im ersten Quartal ein Nettogewinn von 1,45 Milliarden Euro, ein Zehntel mehr als im Vorjahr. Die Kernkapitalquote ist mit 13,4 Prozent nicht üppig, aber gut austariert zwischen Risiken und Chancen.

Mit diesen Vorgaben ist es durchaus realistisch, dass die Deutsche Bank womöglich schon in diesem Jahr einen echten Nettogewinn im Bereich um fünf Milliarden Euro erzielt. Beim aktuellen Börsenwert von 32 Milliarden Euro ergäbe dies eine 6,4fache Gewinnbewertung. Die britische Großbank HSBC und die französische BNP kommen derzeit auf Gewinnbewertungen um sieben.

So gesehen hat die Deutsche Bank nach langen Jahren der Wende wieder Anschluss gefunden an das internationale Niveau. Das ermöglicht, bei anhaltenden Rendite- und Gewinnverbesserungen, durchaus weitere Kursgewinne. Generell könnten europäische Banken in einem Umfeld erhöhter Zinsen dann auch wieder Bewertungen im Bereich um zehn erzielen. JP Morgan und Goldman Sachs in den USA kommen heute schon auf KGVs um elf. Für die Aktie der Deutschen Bank könnte dies langfristig ein Potenzial in den Bereich 20 bis 30 Euro erschließen.

Doppelter Neustart bei BASF

Die Wende, für die die Deutsche Bank mehrere Jahre gebraucht hat, steht BASF erst noch bevor. Immerhin, der Start unter dem neuen Chef Markus Kamieth fällt nicht schlecht aus: Mit 17,6 Milliarden Euro liegt der Umsatz im ersten Quartal zwar unter Vorjahr, ist aber nicht so schwach, wie befürchtet. Das Nettoergebnis von 1,37 Milliarden ist nach den 1,56 Milliarden des Vorjahresquartals für die Börse ebenfalls akzeptabel: Es zeigt erstens, dass BASF in einem für die Chemiebranche schwierigen Umfeld substanzielle Gewinne erzielt; zweitens lässt es durchaus Spielraum für weitere Verbesserungen zu – und das ist angesichts des Starts der neuen Konzernführung ein Vorteil.

Dabei sind die allgemeinen Erwartungen der Banken für 2024 mit rund 2,5 Milliarden Euro Jahresgewinn keinesfalls utopisch. Sollte die Chemiekonjunktur ihre jüngste Stabilisierung fortsetzen und die für die Branche wichtige chinesische Konjunktur Tritt fassen, könnte BASF unter dem neuen Chef diese Erwartungen um ein gutes Stück übertreffen. Das dürfte dann die derzeit erhöhte Bewertung der Aktie relativieren und zugleich die Aussicht auf eine weiterhin hohe Dividende stützen.

Dass BASF-Aktien nach dem Dividendenabschlag am Freitagmorgen (immerhin 3,40 Euro je Aktie) gleich wieder ins Plus gelaufen sind, ist jedenfalls ein gutes Zeichen.

Kurzfristig kommt es darauf an, dass sich BASF-Aktien erst einmal im Bereich 45 bis 50 Euro stabilisieren. Im nächsten allgemeinen Börsenaufschwung sollte dann der Angriff auf die Kurszone um 55 Euro erfolgen, das Niveau der Hochspitzen der vergangenen zwei Jahre. Optimaler Hintergrund dafür wäre ein stabiles Geschäft im zweiten Quartal. Die Zahlen dazu kommen am 26. Juli.

SAP: Neue Chance nach 123 Milliarden Euro Börsengewinn

Eine starke operative Entwicklung aber dennoch mit Wermutstropfen liefert die wichtigste Aktie im Dax, der Softwarekonzern SAP. Als ob Nettogewinne an den Börsen keine Rolle mehr spielen, rutscht das Vorzeigeunternehmen aus Walldorf im ersten Quartal mit 824 Millionen Euro unterm Strich in die roten Zahlen. Verantwortlich dafür sind hohe Kosten für Stellenabbau und Restrukturierung, dazu drücken teure Mitarbeitervergütungen – ausgerechnet wegen der zuletzt weit gestiegenen Aktienkurse.

Natürlich können sich Anleger trösten, dass SAP mit diesen Vorleistungen im späteren Jahresverlauf seine Margen erhöhen dürfte und dass das Geschäftsvolumen vor allem dank Cloud-Wachstum zulegt und dazu noch die Aussicht auf lukrative Aktivitäten um Künstliche Intelligenz besteht. Dennoch ist es nicht einfach eine Petitesse, wenn der Nettogewinn 2024 womöglich um ein ganzes Drittel schlechter ausfällt als 2023.

Seit Herbst 2022 haben SAP-Aktien glatte 100 Euro zugelegt. Bei 1,23 Milliarden Aktien ist das ein Plus in der Marktkapitalisierung von 123 Milliarden Euro. In der jüngeren deutschen Börsengeschichte dürfte dies der größte absolute Wertgewinn gewesen sein, den jemals ein Unternehmen in einem solchen Zeitraum erzielt hat. Zwar ist SAP mit 213 Milliarden Euro Börsenwert noch weit von den Bewertungen amerikanischer Überflieger entfernt, doch günstig angesichts rückläufiger Nettogewinne ist die Aktie eben nicht mehr. Nach der Hausse seit Ende 2022 täte dem Kurs nun eine Konsolidierung durchaus gut. Als klassischer Auffangbereich für Rückschläge könnte sich Notierungen zwischen 150 und 160 Euro erweisen.

Fazit für den Dax: Die wichtigste Aktie hierzulande, SAP, entwickelt sich in einem langfristig stabilen Aufwärtstrend. Das dominierende Chemieunternehmen, zugleich Branchenführer weltweit, hat die Chance auf eine echte Wende. Und der größten Bank hierzulande ist an langen Jahren der Turnaround gelungen. All das spricht dafür, dass der deutsche Aktienmarkt insgesamt in einer robusten Verfassung ist, die noch auf Jahre hinaus nach oben zeigen kann.

Die stabile langfristige Entwicklung wichtiger Einzelwerte (dazu zählen im Dax derzeit Allianz, Siemens, Münchener Rück oder Airbus) lässt natürlich Raum für kurzfristige Korrekturen. In der zweiten Aprilwoche hat der Dax seinen seit Oktober 2023 bestehenden Aufwärtstrend gebrochen.

Insgesamt ging es dabei von 14.700 auf 18.500 Zähler nach oben, also ein Zugewinn von 3800 Punkten. Sollte der Markt nun in einer klassischen Kursreaktion etwa ein Drittel davon (rund 1250 Punkte) wieder einbüßen, ergäbe dies ein Rückschlagspotenzial bis auf 17.250 Zähler. Dieses Kursniveau entspräche etwa dem Start der schnellen Aufwärtsbewegung vom Februar. Und selbst wenn der Dax noch weiter abrutscht, dürfte die Durchschnittslinie der vergangenen 200 Börsentage bis Juni etwa das Niveau um 16.800 Punkten erreichen und hier die Kurse stützen. Von Dezember bis Januar gab es auf diesem Niveau wichtige Hochpunkte.

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Insgesamt spricht dies dafür, dass die Korrektur im Dax noch einige Wochen anhalten kann, der Markt dann aber womöglich noch im Frühjahr Tritt fasst und seine langfristige Aufwärtstendenz wieder fortsetzt. Vielleicht genau dann, wenn die taktgebenden Anleihezinsen in den USA noch einmal das Niveau um fünf Prozent anlaufen – und dann angesichts womöglich nachgebender Inflationsdaten doch wieder nach unten abdrehen.

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