Die Kursturbulenzen beim Bitcoin dürfte Stefan Riße mit einem Achselzucken zur Kenntnis nehmen. Riße ist Kapitalmarktstratege bei Acatis, dem Fondshaus, an dessen Spitze Top-Geldmanager Hendrik Leber steht. Und mit dem Acatis Datini Valueflex investieren die Frankfurter über Zertifikate auch in die Kryptowährung. Mit Erfolg: Immer wieder mussten sie Anteile verkaufen, weil die starken Kursgewinne den Portfolioanteil ansonsten über die zulässige Schwelle von zehn Prozent gewuchtet hätten.
Der Fonds, den Riße managt, ist etwas für risikoaffine Anleger. Kursschwankungen gehören bei Kryptowährungen dazu. Oder wie Riße es formuliert: „Der Fonds ist wie ein Ferrari. Er macht Spaß, aber man spürt auch jede Bodenwelle.“ Die Anleger dürfte es nicht stören: In den vergangenen Jahren hat er Anlegern eine jährliche Rendite von rund 11,9 Prozent gebracht. Gute Aussichten für langfristig orientierte Anleger – und ein Grund, wieso der Acatis-Fonds im diesjährigen Vermögensverwalter-Ranking der WirtschaftsWoche auf Platz eins rangiert.
Einmal im Jahr kürt die WirtschaftsWoche in Zusammenarbeit mit dem Finanzberatungsunternehmen MMD Analyse & Advisory die besten Vermögensverwalter. Dabei geht es nicht nur darum, wer die höchste Rendite erwirtschaftet, sondern zum Beispiel auch, wie viel Schwankung der Fonds Anlegern zumutet. Am Mittwoch kamen einige der ausgezeichneten Vermögensverwalter in der Pegelbar im rheinländischen Neuss zusammen, um über erfolgreiche Anlagestrategien zu sprechen.
Im Bann der Zinspolitik
Zurzeit scheint es, als müssten sich Fondsmanager inmitten etlicher geopolitischer Krisen da wirklich was einfallen lassen. Die Turbulenzen in Nahost beunruhigen die Märkte, der Krieg in der Ukraine tobt weiter und auch ein Angriff Chinas auf Taiwan ist aus Sicht mancher Experten kein vollkommen abwegiges Szenario. Bloomberg Economics schätzt, dass eine Eskalation in Fernost zehn Billionen Dollar kosten könnte, das sind zehn Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts – und damit mehr als die Coronapandemie oder die Finanzkrise. Für die Vermögensverwalter jedenfalls ist klar: China bliebt uninvestierbar, wegen der politischen Risiken.
Wenn es nach Torsten Steinbrinker geht, dann schlägt ausgerechnet mit dem weltweiten Chaos nun die Gunst der Stunde für seine Zunft. Der Vorstand der Schweizerischen Vermögensverwaltung Reichmuth & Co. sagt, nicht ohne Eigeninteresse natürlich: „Jetzt ist die Zeit für aktiv gemanagte Fonds.“
Es ist ein Seitenhieb auf Indexfonds, kurz ETFs. Sie haben in den vergangenen Jahren einen regelechten Boom erlebt und sind damit zu einer starken Konkurrenz für klassische Vermögensverwalter geworden. Nicht nur weil sie deutlich günstiger sind als aktiv verwaltete Fonds, sondern auch weil sie darüber hinaus in der Breite deutlich besser abschnitten. Zumindest Steinbrinkers Vermögensverwaltung konnte im WirtschaftsWoche-Ranking überzeugen: Im -Ranking liegt sie auf dem zehnen Platz, mit 474 von 527 möglichen Punkten.
Abseits von Konflikten und Kriegen beschäftigt die Märkte vor allem eine Frage: Wann werden die Zinsen wieder sinken? Hohe Zinsen bremsen die Aktienentwicklung tendenziell, weil die Finanzierungskosten für Unternehmen anziehen und sie wegen steigender Anleiherenditen unter stärkerer Konkurrenz stehen.
Ende vergangenen Jahres hatten viele Marktteilnehmer noch gehofft, dass die US-Notenbank Fed in diesem Jahr schnell und in mehreren Schritten den Leitzins wieder senken wird. Doch nun verfliegt diese Hoffnung, weil sich die Inflation in den USA hartnäckiger erweist als gedacht. Manche Experten glauben mittlerweile gar, dass die Fed noch einmal die Zinsen nach oben drehen könnte.
Wo also geht die geldpolitische Reise hin? Frank Ringelstein von Ringelstein & Partner hält nichts von Spekulationen über das Zinsniveau. „Prognosen zur Zinsentwicklung sind Kaffeesatzleserei“, sagt der Vermögensverwalter aus Essen. „Kein Mensch weiß, wo die Zinsen stehen werden.“
Der wahre Grund für eine gute Performance
Ringelstein fährt auf Sicht, auf der Anleihenseite investiert er derzeit vor allem in kurzlaufende Bonds mit Laufzeiten von ein bis zwei Jahren. Hier sind für Anleger derzeit höhere Renditen drin als bei Anleihen mit längerer Laufzeit. Dieses Phänomen bezeichnen Profis als inverse Zinsstruktur.
Lesen Sie auch: Was die besten Geldmanager jetzt empfehlen
Auch Timo Sören Wesemann, Investmentmanager bei der Braunschweiger BRW Finanz AG, will sich vom Wirrwarr in der Geldpolitik nicht verrückt machen lassen. Obwohl er eine ganz andere Strategie verfolgt. „Wenn wir in einigen Jahren wieder hier sitzen, werden wir nicht darüber reden, ob es 2024 vier Leitzzinssenkungen gab oder nur zwei. Wichtig ist der langfristige Blick“, sagt Wesemann und ergänzt: „Ob wir eine gute Rendite einfahren, hängt allen voran von den Unternehmen ab, in die wir investieren.“
Schneller schlau: Diese Bilanzbegriffe sollten Sie kennen
HGB steht für Handelsgesetzbuch. Nach dessen Vorschriften müssen Unternehmen in Deutschland ihren Jahresabschluss vorlegen. Der Abschluss nach HGB ist für die auszuschüttenden Dividenden und die Steuerrechnung maßgeblich.
Die internationalen Rechnungslegungsstandards nach IFRS, nach denen große Kapitalgesellschaften ihre Konzernbilanz aufstellen müssen, orientieren sich eher an den amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften nach US-GAAP. Die internationalen Regeln machen Konzernabschlüsse grundsätzlich besser vergleichbar, folgen aber anderen Grundsätzen, zum Beispiel bei der Bewertung von Unternehmenskäufen oder anderen Vermögenswerten.
Leider werden die IFRS-Regeln deutlich häufiger vom International Accounting Standards Board (IASB) geändert, als dies bei den HGB-Vorschriften im deutschen Rechtssystem der Fall ist.
Die in eine Unternehmung eingebrachten (investierten), auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesenen Vermögenswerte, vor allem Grundstücke, Gebäude, Maschinen und maschinelle Anlagen, Beteiligungen, Vorräte, Forderungen etc. Grundsätzlich sind die Unternehmen verpflichtet, entgeltlich erworbene Vermögenswerte zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren. Der Wertminderung unterliegende Vermögensteile müssen während ihrer Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Die Aktivseite informiert über die Mittelverwendung, also in welchen Werten das beschaffte Kapital investiert ist. Aus der Zusammensetzung der Aktivseite können – begrenzt – Schlüsse auf die Leistungsfähigkeit der Unternehmung gezogen werden, bei Gegenüberstellung zur Passivseite gegebenenfalls auch auf die Zahlungsbereitschaft.
Die auf der rechten Seite der Bilanz stehenden Bilanzpositionen, im Wesentlichen Eigenkapital und Verbindlichkeiten. Die Passivseite der Bilanz zeigt die Quellen, aus denen ein Unternehmen finanziert wird.
Die Umsatzrendite beschreibt das Verhältnis von Gewinn und Umsatz eines Unternehmens. Sie beschreibt, welchen Teil des Umsatzes das Unternehmen als Gewinn verbuchen kann. Der Gewinn eines Unternehmens ist jedoch Schwankungen unterworfen (z.B. Branchenabhängigkeit, Produktabhängigkeit), die eine genaue Bestimmung der Rentabilität erschweren können. Die Umsatzrendite eignet sich vor allem für unternehmensinterne Vergleiche. Sie gibt Aufschluss darüber, welche Rendite die verschiedenen Geschäftsbereiche eines Konzerns erwirtschaftet haben.
Der Bestand an Kapital einer Unternehmung kann aus zwei Quellen zugeführt worden sein: Vermögen der Eigentümer durch: Einzahlung der Unternehmer, Einbehaltung angefallener Gewinne, also Selbstfinanzierung; Vermögen Dritter. Eigenkapital in weitester Deutung sind sämtliche den Gläubigern einer Unternehmung haftenden Mittel, also auch z.B. das Privatvermögen eines voll haftenden Gesellschafters. In engerer Fassung wird unter Eigenkapital das bilanzielle Eigenkapital verstanden, das als Residualgröße aus den übrigen Positionen der Bilanz ermittelt werden kann, wodurch sich die Abhängigkeit des Kapitalausweises von den Bewertungen der Bilanzposten erklärt. Rechnerisch ergibt sich seine Höhe aus der Gleichung: Eigenkapital = Vermögen (Aktivseite der Bilanz) – Schulden – Einlageneinbehaltene Gewinne – Entnahmen – eingetretene Verluste
Die Eigenkapitalquote beschreibt die Beziehung zwischen Eigen- und Gesamtkapital. Dazu wird das auf der Passiva-Seite einer Bilanz ausgewiesene Kapital ins Verhältnis zur Bilanzsumme gesetzt. Je mehr Eigenkapital ein Unternehmen zur Verfügung hat, desto besser ist in der Regel die Bonität eines Unternehmens, desto höher ist die finanzielle Stabilität und desto unabhängiger ist das Unternehmen von Fremdkapitalgebern. Da Eigenkapital jedoch teurer ist als Fremdkapital belastet eine hohe Eigenkapitalquote die Rendite auf das eingesetzte Kapital.
Als Dividende bezeichnet man den Anteil am Gewinn, der je Aktie vom Unternehmen ausgeschüttet wird. Die Hauptversammlung beschließt nach dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat über die Höhe. Die Dividende ist immer vom Bilanzgewinn abhängig und kann daher schwanken oder auch ganz ausfallen, etwa wenn die Ertragslage schlecht ist. Sie kann sogar aus den Rücklagen finanziert werden, wenn die Unternehmensgewinne nicht ausreichen.
Die Equity-Methode kommt bei der Bilanzierung von Unternehmensbeteiligungen zum Einsatz, an denen der Konzern weniger als 50 Prozent der Anteile hält. Dabei wird der Umfang der Beteiligung am Eigenkapital der Beteiligungsgesellschaft als Grundlage genommen, um den bilanziellen Anteil an Vermögenswerten in der Konzernbilanz abzubilden. Die wesentliche Größe ist dabei der anteilige Anspruch auf den Gewinn, der dem Konzern aus der Beteiligung zusteht. 100-prozentige Tochterunternehmen sind in einer Konzernbilanz hingegen unsichtbar, weil sie in den regulären Bilanzposten enthalten sind.
Während nach HGB in vielen Fällen die Anschaffungskosten von Finanz- und Sachanlagen in die Bilanz einflossen, fordert die Bilanzierung nach IFRS vorrangig eine Bewertung, die sich an den Marktpreisen orientiert. Existiert für diese Vermögenswerte kein Markt, wird der Bar- oder Zeitwert einer Vermögensposition durch die abgezinsten, monetären Vorteile, die dem Konzern bis weit in die Zukunft daraus erwachsen, durch finanzmathematische Verfahren und aufgrund von Schätzungen im Finanzplan ermittelt. Diese Bewertung nach Fair Value soll ein realistischeres Bild von Vermögenswerten liefern, als die puren Anschaffungspreise.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Latente Steuern sind noch nicht entstandene Steuervor- und nachteile. Zumeist sind sie in nennenswerter Höhe unter den Aktiva einer Bilanz zu finden. Dabei handelt es sich überwiegend um sogenannte Verlustvorträge, die einer Steuerersparnis entsprechen. Macht ein Unternehmen Verlust, erwartet aber in Zukunft wieder Gewinne, können die bereits entstandenen Verluste die Steuerlast in den kommenden Jahren mindern. Die dann zu erwartende Steuerersparnis können Konzerne laut IFRS als Vermögenswert in der Bilanz ansetzen. Diese verbessern das Konzernergebnis, obwohl sie davon abhängen, dass ein Unternehmen den Weg in geplantem Umfang zurück in die Gewinnzone schafft. Passive latente Steuern sind entsprechend Steuerschulden, die erst in der Zukunft entstehen. Macht ein Konzern Verlust, bilanziert aber keine aktiven latenten Steuern, bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Wirtschaftsprüfer nicht an einen Rückkehr in die Gewinnzone glaubt.
Im Zuge einer Unternehmenssanierung trennen sich Konzerne oftmals von ganzen Geschäftsbereichen. Um dem Leser einer Bilanz möglichst große Transparenz zu bieten, werden zum Verkauf stehende Geschäftsbereiche gesondert in der Bilanz aufgeführt. Damit wird die Bilanz um Unternehmensteile bereinigt, die in Zukunft wegfallen sollen. Gelingt der Verkauf jedoch nicht, kann das aber auch revidiert werden. Dann fließen die Bilanzgrößen der nicht fortgeführten Geschäftsbereiche zurück in die Bilanz.
Kapital- und Gewinnrücklage unterscheiden sich in der Art ihrer Entstehung. Die Gewinnrücklage speist sich aus den Jahresüberschüssen der Vorjahre und sind quasi das Sparschwein eines Unternehmens. Die Kapitalrücklage hingegen speist sich aus Einzahlungen der Gesellschafter. Insbesondere für Mittelständler sind Kapitalrücklagen ein Steuersparmodell für die Eigentümer. Wie eine Schenkung an das Unternehmen lassen sich Gelder in der Bilanz parken, auf Beschluss der Eigentümer und er Geschäftsführung jedoch auch wieder auflösen. Aktienrückkäufe, wie sie zur Kurspflege derzeit bei vielen Börsenunternehmen beliebt sind, speisen sich zumeist aus Gewinn- und Kapitalrücklagen. Werden sie aus dem Handel genommen, senken sie in Höhe ihres Nominalwertes das gezeichnete Kapital, dass unter den Passiva zum Eigenkapital des Konzerns zählt.
Hinter den sperrigen Begriffen verbirgt sich nichts anderes, als das flüssige Geld in der Unternehmenskasse. Hierzu zählen insbesondere die jederzeit verfügbaren liquiden Mittel auf Firmenkonten, aber auch andere Zahlungsmittel breiter Akzeptanz, zum Beispiel Goldmünzen, oder Wertpapiere.
Wesemann achtet bei der Auswahl der Titel vor allem auf gesunde Bilanzen. Ins Portfolio kommen zum Beispiel nur profitable Unternehmen mit ordentlichen Rücklagen. Weil sie beispielsweise für Investitionen auf eigene Mittel zurückgreifen können, sind sie in Zeiten höherer Zinsen auf keine teure Fremdfinanzierung angewiesen.
Das ist wohl ein Grund, weshalb die Vermögensverwaltung mit ihrem Fonds BRW Balanced Return im schlechten Börsenjahr 2022 mit einem leichten Minus von 2,85 Prozent den Markt deutlich geschlagen hat. Ein ETF auf den MSCI World hat im selben Zeitraum fast 13 Prozent an Wert verloren. In dem Fonds setzt BRW Balanced Return auch auf Techwerte wie Microsoft und Paypal, aber die einzelnen Werte sind hier deutlich niedriger gewichtet als im Indexfonds.
Von wildem Hin- und Herhandeln hält Wesemann nichts, er investiert langfristig in Aktien. Trotzdem müssten Vermögensverwalter immer in Stellung für Chancen sein, sagt er, und zitiert Investorenlegende Warren Buffett: „Sei ängstlich, wenn andere gierig sind und sei gierig, wenn andere ängstlich sind.“
Lesen Sie auch: So gelingt die Dividenden-Strategie