Xi in Europa Für Peking ist die EU nur noch ein Vasall der USA

Der französische Präsident Emmanuel Macron (r.) begrüßt Chinas Präsident Xi Jinping vor ihrem Treffen im Elysee-Palast. Quelle: Christophe Ena/AP/dpa

Der Besuch von Xi Jinping in Frankreich liefert harmonische Bilder. Doch die Gräben zwischen der EU und Peking vertiefen sich. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

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Für den reichsten Mann der Welt steht beim Frankreichbesuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping viel auf dem Spiel. Als Chef des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH hat Bernard Arnault ein beeindruckendes Vermögen von geschätzt über 200 Milliarden Dollar angehäuft.

Einiges davon verdankt er dem Luxusmarkt in China, wo LVMH-Marken wie Louis Vuitton und Dior traditionell gut laufen. Mit Martell und Hennessy ist LVMH auch im Cognac-Geschäft positioniert. Doch den Cognac-Herstellern in der EU, also vor allem Unternehmen in Frankreich, wird in China Dumping vorgeworfen. Ihnen drohen hohe Strafzölle. Peking reagiert mit der seit Monaten laufenden Untersuchung auf die Pläne Brüssels, den heimischen Markt mit höheren Zöllen vor subventionierten chinesischen E-Autos zu schützen.

Um zurückzuschlagen, hat sich China bewusst für die starke französische Industrie entschieden, denn die Pläne für höhere Zölle auf chinesische Elektroautos wurden vor allem von den Franzosen vorangetrieben. Französische Autohersteller sind auf dem chinesischen Markt kaum präsent und haben daher wenig zu verlieren. Die französischen Cognac-Hersteller hingegen schon.

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Kein Wunder also, dass Arnault an diesem Montag auf harmonische Gespräche zwischen Xi Jinping, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hofft.

Ein Kompromiss ist alles andere als sicher. Denn die angedrohten Strafzölle sind nur ein Beispiel dafür, wie sehr sich die chinesisch-europäischen Beziehungen abgekühlt haben. Seit Xis letztem Europabesuch vor fünf Jahren, also noch vor der Pandemie, sind sie unübersehbar in eine Abwärtsspirale geraten.

Chinesische Staatsmedien zeichneten in den Tagen vor Xis Abreise ein Bild, wonach sich die Europäer in die Abhängigkeit Washingtons drängen ließen, insbesondere nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Wenn die Europäer an diesem Kurs festhielten, könnten sie „dem Schicksal, ein Vasall der USA zu werden, nicht mehr entkommen“, hieß es etwa in der staatlichen „Global Times“.

Näherten sich Brüssel und Peking vor allem während der Trump-Jahre im Weißen Haus noch sichtbar an, wurde die Ratifizierung eines bereits ausgehandelten Investitionsabkommens Ende 2020 aufgrund zunehmender geopolitischer Spannungen und Bedenken über Menschenrechtsverletzungen in China auf Eis gelegt. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine sieht sich Peking zudem immer wieder mit Vorwürfen aus der EU konfrontiert, Russland in seinem Angriffskrieg zu unterstützen. In Wirtschaftsfragen ähneln die Töne aus Brüssel immer mehr denen aus Washington gegenüber Peking.

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Gastgeber Macron wirft Europa vor, angesichts des Handelsverhaltens der USA und Chinas die Realität nicht sehen zu wollen. „Das ist ein enormer Fehler. Wenn man die Nummer Eins und die Nummer Zwei hat, die sich bewusst dazu entscheiden, kritische, für sie essenzielle Sektoren zu subventionieren, die bereit sind, öffentliche Gelder einzusetzen, um Kapazitäten anzuziehen, kann man nicht so tun, als gäbe es das nicht.“ China gegenüber brauche man ein respektvolles Verhalten, das aber die eigenen Interessen schützt.

Macron thematisiert bei Xis Staatsbesuch auch den Einfluss in globalen Sicherheitsfragen. Als Europäer sei es das Interesse, „zu erreichen, dass China sich für die Stabilität der internationalen Ordnung einsetzt“, sagte Macron vorab in einem Interview des Magazins „Economist“. Russland als Destabilisator dieser Ordnung, ein ins Chaos stürzender Mittlerer Osten oder Iran, der sich möglicherweise mit Atomwaffen ausstatten könnte – all dies sei nicht im Interesse des heutigen Chinas. Es muss daher mit China gearbeitet werden, um Frieden zu schaffen.



Xi betonte nach seiner Ankunft am Sonntag in Paris, dass ihm an einer Stabilisierung der Beziehungen gelegen sei. Er wolle die traditionelle Freundschaft zwischen den beiden Ländern festigen und das gegenseitige politische Vertrauen stärken, hieß es in einer nach der Ankunft veröffentlichten Erklärung.

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Doch Xi setzt bei seiner Europareise gleichzeitig Akzente, die in Paris, Berlin und Brüssel weniger gut ankommen dürften. China-Kritiker werfen Peking schon lange vor, seinen Willen in Brüssel nicht nur durch Verhandlungen auf Augenhöhe, sondern auch durch gezielte Einflussnahme auf kleinere EU-Staaten oder sogar EU-Beitrittskandidaten durchsetzen zu wollen. Im Anschluss an seinen Frankreich-Besuch reist Xi Jinping weiter nach Serbien und Ungarn.

In Ungarn steht ein „Meilenstein-Besuch“ bevor, der den Beziehungen zwischen China und der EU neuen Schwung verleihen werde, teilte das Pekinger Außenministerium vor der Abreise Xis mit. Auch der Hinweis, dass Ungarn im Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen werde, fehlte nicht. Mit Serbien wolle China seine „eiserne Freundschaft“ ausbauen. Xis Besuch in der serbischen Hauptstadt Belgrad ist besonders pikant.

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Denn seine Termine dort fallen genau auf den 25. Jahrestag der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad. Ein Termin, der jährlich von den chinesischen Staatsmedien genutzt wird, um an die „Verbrechen“ der NATO zu erinnern.

Die Bombardierung der Botschaft in Belgrad fand am 7. Mai 1999 während des Kosovokrieges statt. Sie wurde von NATO-Flugzeugen durchgeführt und war Teil der Luftangriffe gegen Jugoslawien, die darauf abzielten, serbische Militäroperationen im Kosovo zu stoppen. Bei dem Angriff wurden drei chinesische Journalisten getötet und mehr als 20 weitere Personen verletzt.

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Die USA und die NATO erklärten, dass die Bombardierung ein Versehen war, verursacht durch veraltete Karten und fehlerhafte Zielinformationen. Sie entschuldigten sich offiziell für den Vorfall. China reagierte empört und bezeichnete den Angriff als barbarischen Akt. Der Vorfall belastete die chinesisch-amerikanischen Beziehungen erheblich und führte weltweit zu diplomatischen Spannungen.

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