Arbeitsmarkt-Debatte Die Deutschen verlieren gerade den Glauben an die Vier-Tage-Woche

Die Vier-Tage-Woche verliert an Zuspruch. Quelle: dpa Picture-Alliance

Die Wirtschaft stagniert, Personallücken klaffen – werden wir wieder mehr arbeiten müssen? Jedenfalls zeigen neue Zahlen: Die Zweifel an der Vier-Tage-Woche waren noch nie so groß wie jetzt.

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Christian Lindner hat der Trägheit den Kampf angesagt. Gerade erst am Samstag in seiner Rede auf dem FDP-Bundesparteitag. „Unser Arbeitsmarkt bremst gegenwärtig das Wachstum“, sagte der FDP-Chef und Bundesfinanzminister.

Und das sei keine Überraschung: „Wenn Menschen fehlen als Fach-, Führungs- und Arbeitskräfte, dann können Aufträge nicht abgearbeitet, gar nicht angenommen werden. Wenn es Personalnot gibt, dann kann die Gaststätte nicht öffnen oder sie hat eben kürzere Öffnungszeiten, als man sich eigentlich wünscht und als die Gäste auch nutzen würden. Eine nicht geleistete Arbeitsstunde fehlt für Wachstum übrigens aber auch als Steuereinnahme und als Beitrag zur Stabilisierung unserer Sozialversicherung.“

Schon seit einigen Wochen spielt Lindner bei Auftritten verlässlich ein Leitmotiv ab: er will „Lust auf die Überstunde“ machen. Ein entsprechendes Wirtschaftswende-Papier der Liberalen für den Parteitag am Wochenende forderte dazu passend die steuerliche Förderung der Mehrarbeit. Das Problem nur: populär war hierzulande zuletzt etwas anderes. Die Vier-Tage-Woche, am besten bei vollem Lohnausgleich, löste Sehnsucht aus. Extrameile, Sonderschichten? Schien was für Boomer und andere Gestrige.

Die Teilzeitquote wächst: lag sie 1991 noch bei 28 Prozent, sind es heute 31 Prozent. Warum das keine gute Entwicklung für Deutschland ist und weshalb mehr Menschen mehr arbeiten müssten, erklärt Ökonom Holger Schäfer.
von Sonja Álvarez

Nun lassen neue Daten aufhorchen. Haben die monatelangen Debatten über Fleiß und Leistungsbereitschaft, gepaart mit immer neuen Stagnationsmeldungen in Sachen Konjunktur, doch ihre Spuren hinterlassen? Hatte nicht auch Robert Habeck zuletzt kritisiert, ihm werde im Moment „zu viel für immer weniger Arbeit gestreikt beziehungsweise geworben“ und dass „wir uns in der Tat im Moment nicht leisten“ können?

Womöglich haben die Einwürfe vom Liberalen Lindner wie vom Grünen Habeck gefruchtet. Jedenfalls war die Popularität der Vier-Tage-Woche noch nie so niedrig wie jetzt gerade, zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey:



Die Debatte hat sich ohne Zweifel gedreht. Erstmals seit Erhebung der Umfrage sieht eine Mehrheit der Deutschen das Arbeitszeitmodell negativ – ein Trend, der ungefähr mit Beginn des Jahres 2023 einsetzte. Was die Daten allerdings ebenfalls zeigen: Je jünger, desto beliebter ist die Vier-Tage-Woche grundsätzlich immer noch:



Die Gen Z macht hier ihrem Ruf alle Ehre. Nirgendwo ist weniger arbeiten populärer als bei den Unter-30-Jährigen.

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