Drohende Netzüberlastung Erster Stromnetz-Blackout in Deutschland abgewendet

Das Umspannwerk Conneforde in Niedersachsen. Quelle: dpa

Unternehmen und Hausbesitzer in Oranienburg können aufatmen. Nachdem der örtliche Stromnetzbetreiber aus Angst vor einer Überlastung die Notbremse gezogen hatte, gibt es nun offenbar eine Lösung.

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Die Stadt Oranienburg wächst. Neue Industriebetriebe und Familien siedeln sich an. Doch einen Stromanschluss bekamen die Neuankömmlinge zunächst nicht. Der Grund: Das Stromnetz der Stadt im Berliner Speckgürtel drohte überlastet zu werden. Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Grabowsky zog deshalb die Notbremse und verhängte einen Anschlussstopp. Nach wochenlangem Warten soll es nun eine Lösung geben.

Doch wie kam es dazu? Um einen Zusammenbruch des Netzes zu verhindern, würden keine neuen Anschlüsse oder Leistungserhöhungen mehr genehmigt, teilten die Stadtwerke Mitte April mit. Ursache des Problems sei das Umspannwerk des Übertragungsnetzbetreibers Edis, das an seine Kapazitätsgrenzen stoße. Mit der Planung eines eigenen Neubaus sei zwar 2023 begonnen worden, mit der Fertigstellung sei aber nicht vor 2026 zu rechnen. Laut Grabowsky ist der Ausbau auch wegen der notwendigen Kampfmittelsuche auf dem Gelände aufwändiger als anderswo.

Bei der Bundesnetzagentur löste die Situation Kopfschütteln aus. „Der verhängte Anschlussstopp geht auf ein erfreuliches, starkes Wachstum der Stadt Oranienburg in Kombination mit einer um Jahre verspäteten Planung der Stadtwerke Oranienburg zurück“, schrieb die Behörde in einer Einschätzung. Im Klartext: Menschliches Versagen war die Ursache. Eine Lösung musste her, machte auch Stadtwerke-Aufsichtsrat Burkhard Wilde deutlich, sonst „können wir in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht mehr bauen“.

Kreative Lösung in Oranienburg

In einer aktuellen Pressemitteilung gibt die Stadt nun Entwarnung: Für den steigenden Energiebedarf sei eine Lösung gefunden worden. Der Netzbetreiber Edis könne nun mehr Kapazitäten in seinem bestehenden Umspannwerk bereitstellen. „Zusätzlich dazu können voraussichtlich ab September 2024 für das Ortsnetz der Stadtwerke Oranienburg vorbehaltlich einer technischen Prüfung weitere Leistungserhöhungen durch Edis bereitgestellt werden“, hieß es weiter.

Ab Mai können die Stadtwerke wieder neue Haushalte an ihr Stromnetz anschließen. Die derzeitige Notlösung des Netzbetreibers muss allerdings noch weiter ausgebaut werden. „Um erneute Kapazitätsengpässe auszuschließen, bereiten die Stadtwerke den Bau eines temporären Ersatz-Umspannwerks vor.“ Damit wollen die Beteiligten die zeitliche Lücke bis zur Fertigstellung des Neubaus endgültig schließen. Als kurzfristige Lösungen wurden zwischenzeitlich auch die Installation von Batteriespeichern, Erzeugungsanlagen oder auch Vereinbarungen mit einzelnen Großkunden diskutiert.

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Angesichts des nun gefundenen Auswegs aus der Zwangslage gibt sich Grabowsky wieder optimistisch: „Die Versorgung der Stadt mit Strom und das Stromnetz der Stadtwerke ist und bleibt jederzeit sicher, stabil und verlässlich.“ Das klang vor wenigen Wochen noch anders: Gegenüber der Bundesnetzagentur räumten die Stadtwerke ein, den neuen Bedarf zu spät erkannt zu haben, so dass der Netzbetreiber Edis nicht mehr reagieren konnte. Genaue Zahlen zu den aktuell genutzten und geplanten Kapazitäten wollten die Stadtwerke auf Nachfrage allerdings nicht nennen, der Geschäftsführer verwies hier auf wettbewerbsrechtliche Gründe.

Akut drohte laut Netzagentur trotz der Sofortmaßnahmen zwar keine Netzüberlastung, aber in den Wintermonaten hätte die Grenze des Machbaren erreicht werden können. Wer daraus schließt, dass vor allem neue Wärmepumpen für die drohende Überlastung verantwortlich waren, liegt den Angaben zufolge jedoch falsch. „Die neuen Bedarfe gehen insbesondere auf Industrie, Gewerbe und neue Baugebiete zurück“, hieß es. Wärmepumpen und Wallboxen spielten demnach eine untergeordnete Rolle. Damit widersprach die Behörde den Stadtwerken, die in ihrer ersten Reaktion auf den verstärkten Einbau von Wärmepumpen verwiesen hatten.

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Aus Sicht des Energieverbandes BDEW gibt es derzeit keine Anzeichen dafür, dass sich der Fall Oranienburg andernorts wiederholt. Die Netzbetreiber würden den Anschluss vieler neuer Anlagen in den nächsten Jahren in ihre Planungen einbeziehen. Damit der Ausbau am Ende aber auch gelingt, kann die Politik helfen. Gefordert werden „schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine bessere finanzielle und personelle Unterstützung der verantwortlichen Behörden in den Ländern durch den Bund“. Aus Sicht der Netzaufsicht zeige der Vorfall aber dennoch, wie wichtig eine vorausschauende Planung sei. Diese muss immer auch eine Prognose der Last- und Einspeiseentwicklung beinhalten.

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Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 18. April. Wir haben ihn aktualisiert und zeigen ihn erneut.

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