Entlastungsgesetz Eine Milliarde Euro weniger Bürokratie klingen gut. Doch es sind nur null Komma X

Aktenberge vor dem Bundeskanzler Quelle: dpa/Picture-Alliance

Die Ampel verabschiedet ein Bürokratieentlastungsgesetz. Indes geht der tägliche Wahnsinn für Bürger und Betriebe weiter, weil die Regierung nicht anders kann. Ein Kommentar.

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Die Bürokratie macht uns Bürger und Betriebe zu Bütteln. Auf 65 Milliarden Euro jährlich beziffert der Nationale Normenkontrollrat mittlerweile die jährlichen Kosten allein für die Wirtschaft. Gefühlte Tendenz: stark steigend. Gut also, dass sich die Bundesregierung um einen Abbau von quälenden Vorschriften bemüht und jetzt den Entwurf eines vierten Bürokratieentlastungsgesetzes verabschiedet hat. Um fast eine Milliarde Euro will sie Unternehmen und Bürger mit dem BEG IV entlasten. Klingt erst einmal gut!

Auf uns Bürgerinnen und Bürger sollen davon 3,7 Millionen Euro entfallen. Drei Komma sieben Millionen Euronen. Plus vier Millionen weniger Stunden Zeitaufwand. Steht so im Gesetzentwurf. Bei gut 80 Millionen Einwohnern ist das also pro Kopf … ja genau: nicht wirklich wahrnehmbar. 

Immerhin sollen unsere Unternehmen um 944 Millionen Euro entlastet werden. Allein mit 625 Millionen Euro bepreist das federführende Bundesjustizministerium die Einsparungen dafür, dass Unternehmen Buchungsbelege statt zehn nur noch acht Jahre aufbewahren sollen. Weitere 62 Millionen würden Hotels und Pensionen sparen, indem sie wenigstens für deutsche Gäste keine Meldeformulare mehr ausfüllen und ein Jahr lang aufbewahren müssen. 

Die Herrschaft der Verwaltung braucht Personal

An die großen bürokratischen Ärgernisse wagt sich (auch) diese Regierung nicht heran. Im Gegenteil: Die Ampelkoalition macht uns immer neue Vorschriften – beim Bauen, beim Heizen, beim Verkehr. Gern möchte Familienministerin Lisa Paus auch eine Kindergrundsicherung durchdrücken, für die womöglich 5000 öffentlich Bedienstete gebraucht werden. Schließlich braucht die Herrschaft der Verwaltung – wofür das Wort Bürokratie steht – nicht nur Vorschriften, sondern auch Personal.

Die Macht der Bürokratie bekommen etwa Leute zu spüren, die ein Windrad errichten möchten und dafür durchaus 19.000 Seiten ausfüllen müssen. In der Wirtschaft rangiert die Bürokratie an erster Stelle der Standorthindernisse, vor Arbeitskräftemangel und Steuerlasten.

Scheitern an der Staatsdoktrin

Das BEG IV sorgt allenfalls für ein wenig Linderung. In der Schule hätte man früher gesagt: Vier minus mit Rücksicht auf die Eltern! Dabei kann man den armen Beamten und Bundesjustizminister Marco Buschmann, die sich gerade um eine Entbürokratisierung bemüht haben, keinen Vorwurf machen. Sie scheitern an der Doktrin des paternalistischen Staates, der sich allumfassend in immer mehr Lebensbereiche einmischt bis hin zum Kantinenessen.  

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Es ist offenbar ein ehernes Gesetz, dass jede Regierung neue Vorschriften schafft – allein aus dem Anspruch heraus, die Welt verbessern zu wollen. Doch die Ampelregierung scheint mit ihrem transformatorischen Anspruch alles bisherige in den Schatten zu stellen. Daher ist das jetzige Bürokratieentlastungsgesetz nicht mehr als eine freundliche Erinnerung an das Megaproblem. Lösen dürfte es sich erst, wenn der Staat a) uns Bürgern und der Wirtschaft wieder mehr Eigenverantwortung zutraut und b) endlich bei der Digitalisierung unserer Verwaltung in die Puschen kommt.

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