Steuerentlastungen Auch in Washington kann Lindner der Schuldenbremsen-Debatte nicht entkommen

Joachim Nagel und Christian Lindner beim Pressefrühstück im Rahmen der IWF-Frühjahrstagung in Washington. Quelle: imago images

Notenbankchef Joachim Nagel spricht sich für eine starke Schuldenbremse aus – gegen das Drängen von SPD und Grünen. Und seine Unterstützung für FDP-Finanzminister Christian Lindner geht noch weiter.

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Ausgerechnet im fernen Washington bekommt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) prominente Unterstützung aus Deutschland. Gerade findet das traditionelle Pressefrühstück im Fairmont-Hotel statt. Genau gesagt im Kennedy Ballroom im Souterrain. Lindner sitzt erhöht auf einem schwarz verhangenen Podest. Rechts neben ihm Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, vor ihm mitgereiste Journalisten und solche, die in der US-Hauptstadt akkreditiert sind. Es geht um die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF), um globale Risiken, wirtschaftliche Wachstumsraten. Und um den ganz eigenen Reformbedarf in Deutschland, der Lindner bis hierher verfolgt.

Beide, Lindner wie Nagel, haben offenkundig eine ganz ähnliche Sicht der Dinge. Sie ergänzen einander, auch wenn es nicht so aussehen mag: Lindner jungdynamisch, schlank und dunkelblond, SPD-Mitglied Nagel dagegen wählt seine Sätze sehr bedacht – schließlich kann jedes Wort des Bundesbank-Präsidenten zur Inflations- und Zinslage die Kapitalmärkte beeinflussen. Ein wenig wirken die beiden wie Plisch und Plum auf dem Podium im Washingtoner Fairmont-Hotel.

Beide finden die Wachstumsaussichten unbefriedigend

Wie viel die beiden offenbar gemeinsam haben, zeigt sich weniger am Duzen – wobei Lindner viel häufiger von „Joachim“ spricht als Nagel das „Christian“ in den Mund nimmt. Beide finden die globalen Wachstumsaussichten unbefriedigend, beide plädieren für eine vorsichtige Zins- und Fiskalpolitik und bei den geopolitischen Risiken sind sie ebenfalls einer Meinung.

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von Christian Ramthun

Doch für Lindner am bedeutendsten ist das, was der Bundesbank-Präsident gegen Ende des Pressefrühstücks (bei dem Nagel und Lindner nur Kaffee und Wasser trinken) sagt. Und zwar auf die Frage, inwieweit sich die Reformpläne des Bundesbankers zur Schuldenbremse gegen den Bundesfinanzminister richten würden. Der sei schließlich gegen ein Aufweichen des haushalterischen Disziplinierungsinstruments.

„Dazu gibt es keine fundamentale Differenz“

Die Antwort fällt klar aus: „Wir bekennen uns zur Schuldenbremse“, sagt Nagel und meint das auch so. Man wolle nur eine stabilitätsorientierte Weiterentwicklung unter ganz restriktiven Bedingungen. Etwa wenn die gesamtstaatliche Schuldenquote unter 60 Prozent sinkt und damit das wichtigste Maastrichter Stabilitätskriterium eingehalten wird. Dann könne sich Nagel „mehr Aufbauimpulse“ vorstellen, mit einer höheren Haushaltsneuverschuldung als bisher.

„Dazu gibt es keine fundamentale Differenz“, ergänzt Lindner. Tatsächlich setzt sich auch der liberale Finanzminister für mehr Spielraum erst bei Unterschreiten der 60-Prozent-Marke ein. Dafür brauche es dann auch keiner Änderung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, betont Lindner an die Adresse von SPD und Grünen im fernen Deutschland. Denn die beiden Ampel-Koalitionspartner sind genau für eine sofortige Lockerung, weil sie schon jetzt mehr öffentliches Geld ausgeben wollen als die Schuldenbremse derzeit hergibt.

Geht es dagegen nach Lindner und Nagel, dürfte eine lockere Haushaltspolitik erst ab 2028 möglich sein, wenn eben die 60-Prozent-Grenze wieder unterschritten werden dürfte. Für die laufende Legislaturperiode wäre das zu spät.

Lindner hält an seinen Entlastungsplänen fest

Trotzdem plant der Bundesfinanzminister noch in dieser Legislaturperiode deutliche steuerliche Entlastungen vor allem für die Wirtschaft. Wie aber die zu erwartenden Steuerausfälle mit der Schuldenbremse korrespondieren sollen, deutet Lindner pauschal an: durch Sparen bei den Sozialausgaben, was aber SPD und Grüne bislang strikt ablehnen.

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Aber auch hier ist der Bundesbank-Präsident offensichtlich mit Lindner einer Meinung (ohne auf den Sozialteil einzugehen): „Wir müssen uns über die steuerliche Belastung der Unternehmen in Deutschland Gedanken machen.“ Es gehe um die Wettbewerbsfähigkeit, und da seien Steuern immer ein guter Hebel, um Investitionsanreize zu schaffen. „Auch hier hat die Bundesbank eine unterstützende Haltung“, sagt Nagel – und Lindner lächelt.

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