Umsatzsteigerung Warum bei Dr. Oetker die Welt so in Ordnung ist

Krisen, Kriege Inflation? Lebensmittelprodukte von Dr. Oetker gehen immer. Quelle: dpa

Auf Pudding und Pizza von Dr. Oetker verzichten Kunden selbst in schwierigen Zeiten nicht. Wie es sein kann, dass das Unternehmen Zahlen zum Wohlfühlen vorlegt – und warum Oetker eigentlich Glück in Tüten verkauft.

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Manchmal reicht ein Pudding aus der Pulvertüte für ein wohliges Gefühl. Der Dr.-Oetker-Chef lässt also auftischen: das glibberig-süße Dessert aus dem eigenen Haus, gewissermaßen als passenden Nachtisch zu den Wohlfühlzahlen, die er zuvor präsentiert hat. Die Menschen kaufen Backpulver, Tiefkühlpizza, Müsli und andere Oetker-Produkte fast so, als gäbe es keine Krisen – und keine Inflation. Dass die Artikel viel teurer als noch vor Kurzem sind? Bremst die Nachfrage kaum.

Die Nahrungsmittelunternehmen des Oetker-Konzerns – dazu gehört auch der Tiefkühlbäcker Coppenrath & Wiese – hätten im vergangenen Jahr gemessen an der Menge „fast“ so viel verkauft wie im Vorjahr, sagt Oetker-Chef Albert Christmann. Genaue Absatzzahlen bleibt er schuldig, aber auch die Umsatzentwicklung deutet auf vergleichsweise gute Geschäfte hin: Bereinigt um Zu- und Verkäufe von Unternehmen sowie um Wechselkursschwankungen erlösten Oetkers Nahrungsmittelhersteller 6,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor und damit weltweit 4,17 Milliarden Euro. In Deutschland stieg der Umsatz bereinigt um 4,6 Prozent auf 1,47 Milliarden Euro. Die Kunden zahlten für eine ähnliche Menge an Produkten also weit mehr.

Erfolg von Dr. Oetker: Heile Welt zum Aufessen

In Bielefeld scheint die Welt noch in Ordnung. Wie kann das sein, wenn doch die Inflation die Menschen zwingt, zu sparen? Wenn doch in Deutschland der Anteil der Handelsmarkenprodukte 2023 sprunghaft gestiegen ist, wie jüngst das Marktforschungsunternehmen GfK feststellte? Die Menge der verkauften No-Name-Artikel stieg um 2,1 Prozent, während die Konsumenten zu 4,8 Prozent weniger Produkten unter klassischen Herstellermarken griffen. Einige Markenartikel sind kaum noch verkäuflich, wenn sie nicht gerade zum Super-Sonderangebot im Regal stehen.

„Qualität ist das beste Rezept“, behauptet Dr. Oetker. In Wirklichkeit aber basiert der Erfolg des Unternehmens auch auf einem Prinzip, das sie in Bielefeld durch und durch verkörpern: die heile Welt zum Aufessen. Die Marke Dr. Oetker steht für Vertrauen, für die Sicherheit, nach der sich Konsumenten gerade in schwierigen Zeiten sehnen. Dr. Oetker verkauft gewissermaßen weder Pudding noch Backpulver – sondern: Glück in Tüten sozusagen.

„Marken Liebe schenken – das können wir“, sagt Oetker-Chef Christmann – und lässt als Hauptgang Tafelspitz mit Salzkartoffeln servieren. Man bekommt in Bielefeld ein Gefühl dafür, wie das Prinzip Oetker wirklich funktioniert. Christmann berichtet durchaus alarmiert von Krieg und Krisen auf der Welt. Am Ende aber fühlen sich die Katastrophen weit entfernt an, wenn das zum Teil auch an Wortklauberei liegt: Der Oetker-Chef will zum Beispiel partout nicht von Kostensenkungen sprechen, obwohl Dr. Oetker vor anderthalb Jahren angekündigt hat, „Einsparungen in Höhe von jährlich bis zu 250 Millionen Euro“ umzusetzen. Christmann sagt nun, es gehe um „Effizienzsteigerungen“ – etwas „ganz anderes“.

Ein „auskömmliches“ Ergebnis

Offensichtlich gelangte unter dem Eindruck des gerade erst ausgebrochenen Ukraine-Kriegs im September 2022, als Oetker das Sparprogramm ankündigte, etwas zu viel schlechte Laune in die heile Welt des Unternehmens. Es sei „nicht ausgeschlossen, dass auch Einschnitte beim Personal erforderlich sein werden“, schrieb Oetker damals. Heute klingt Christmann ganz anders: „Wir gehen gut mit unseren Mitarbeitern um“, sagt er. Die Effizienzverbesserungen gelängen zu einem großen Teil durch Vorschläge aus der Belegschaft. Dass viele Mitarbeiter in den nächsten Jahren in Rente gingen, sorge von allein dafür, dass Oetker weniger Menschen beschäftige.

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Im vergangenen Jahr ist die Belegschaft von Oetkers Nahrungsmittelunternehmen tatsächlich etwas geschrumpft: von 16.924 auf 16.510 Beschäftigte. Ob solche Effizienzsteigerungen zusammen mit den Preiserhöhungen ausreicht, um Kostenerhöhungen zu kompensieren, lässt sich nicht wirklich sagen: Als Personengesellschaft kann der Konzern Gewinnzahlen schuldig bleiben. Die Nahrungsmittelinflation des vergangenen Jahres – die etwa in Deutschland bei 12,6 Prozent lag – deutet darauf hin, dass Oetker, wie das Unternehmen auch selbst behauptet, die Preise vergleichsweise moderat erhöhte. Damit dürfte es schwierig gewesen sein, das Gewinnniveau des Vorjahres zu halten.

Trotzdem demonstrieren sie in Bielefeld auch in Sachen Ergebnis Gelassenheit. Neben Christmann hat Rudolf Louis Schweizer Platz genommen, um die Zahlen zu erklären. Schweizer gehört zur Eigentümerfamilie und sitzt dem Beirat des Unternehmens vor. Er sagt: „Das Ergebnis war auskömmlich.“ So ähnlich formulieren sie bei Oetker seit Jahren.

Daten für Quantencomputer

Jedenfalls ist bei Oetker genug Geld in der Kasse für steigende Investitionen. Rund 900 Millionen Euro werden die Nahrungsmittelunternehmen des Konzerns in den nächsten vier Jahren ausgeben, sagt Christmann. Er will die Digitalisierung vorantreiben – denn: „Cash is King, aber Data is Queen.“ Oetker müsse noch mehr Daten sammeln und besser mit diesen umgehen, um etwa darauf vorbereitet zu sein, dass sich mit Quantencomputern bald viel bessere Simulationen erstellen ließen. „Die Märkte werden sich in den nächsten Jahren mehrfach häuten“, sagt Christmann. Das liege vor allem an technologischen Entwicklungen.

Der Oetker-Chef kündigt zudem Investitionen in Innovationen an – um den Handelsmarkenprodukten voraus zu sein. Für September verspricht er eine besondere Erfindung an – ein Geheimnis bislang. Auch in Nachhaltigkeit soll bei Oetker viel Geld fließen.

Dr. Oetker und Coppenrath & Wiese hätten sich im vergangenen Jahr „gut behauptet“, sagt Christmann. Auch für 2024 verspricht er Umsatzwachstum. Preissenkungen werde es nicht geben, zumal viele Rohstoffe noch immer teuer seien und nun Lohnerhöhungen für zusätzliche Kostensteigerungen sorgten.

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