Patentrecht Hilti legt Millionenstreit mit Berliner Erfinder bei

Arno Mecklenburg Quelle: Steffen Roth

Der Werkzeughersteller Hilti und ein Berliner Erfinder haben sich nach einem jahrelangen Patentstreit geeinigt. Die Auseinandersetzung zeigt, wie schlecht deutsches Recht das intellektuelle Eigentum von Erfindern und kleinen Unternehmen schützt.

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Der Berliner Erfinder Arno Mecklenburg focht seine Schlacht gegen den liechtensteinischen Werkzeugmaschinenhersteller Hilti nicht nur vor Gericht aus: Mit hunderten, teils humorvollen Einträgen auf der Social-Media-Plattform LinkedIn trug Mecklenburg den Konflikt in die Öffentlichkeit. Patentrechtsexperten und Anwälte verfolgten das Drama über zwei Jahre. Doch nun ist das Profil wie leergewischt – außer einem Video von einem singenden Papagei sind die meisten Eintragungen Mecklenburgs gelöscht.

„Beide Parteien haben sich außergerichtlich geeinigt und Stillschweigen vereinbart“, so Hilti. „Eine Auseinandersetzung dieser Art war uns neu und ein Ausnahmefall.“ Das setzt einen Schlussstrich unter einen epischen Konflikt, bei dem allein auf Seiten des Erfinders ein Anwaltsteam von mehreren Patent- und Strafrechtsexperten für zwei Jahre tätig war. Der stetig eskalierende Streit zwischen David und Goliath zeigte auf, wie wenig das deutsche Rechtssystem intellektuelles Eigentum kleinerer Unternehmen und Erfinder schützt.

Bei dem Streit ging um eine neuartige Antriebsform für Nagelsetzgeräte, die schwere Bolzen in Stahl und Beton treiben können. Bislang gelang eine solche Wucht nur mit explodierendem Gas oder Pulver, wie bei einer Schusswaffe. Mecklenburg erfand den nicht minder starken, elektromagnetischen Antrieb „Harpyie“ – benannt nach dem lateinamerikanischen Affenadler, der seiner Beute die Klauen wie Nägel in den Schädel hämmert. 

Anfangs hatte Mecklenburg mit Hilti zusammengearbeitet und dem Konzern hunderte von E-Mails mit Erläuterungen und Geschäftsgeheimnissen geliefert. Später aber warf er Hilti vor, das Unternehmen hätte auf diese Ideen Patente angemeldet, ohne ihn zu erwähnen. 

Vom Affenadler zur Steinlaus

Es war dann aber nicht der Erfinder, der vor Gericht ging, sondern der Hilti-Konzern. Hilti wollte Mecklenburgs wirtschaftlich angeschlagenes Unternehmen Rhefor mit einer sogenannten „negativen Feststellungsklage“ zur Aufgabe seiner Urheberschaft zwingen. Viele Unternehmen in angespannter finanzieller Lage finden weder die Kraft noch die Mittel, um sich adäquat zu verteidigen.

Der Spezialist für Magnetantriebe aber mobilisierte mehrere Millionen Euro Prozessfinanzierung und startete einen Konterangriff. In seiner Gegenklage warf Mecklenburg Hilti eine widerrechtliche Anmeldung seiner Erfindungen vor. Das Zivilgericht sah in erster Instanz zwar auch eigene Entwicklungsleistungen von Hilti, sprach Mecklenburg aber zugleich eine Miterfindung zu – und beide Seiten riefen das Berufungsgericht an.

Ehe es zu der „einvernehmlichen außergerichtlichen Einigung“ kam, zeigte der Erfinder Hilti und deren Vorstände wegen Vorlagenmissbrauchs und Prozessbetrugs an. Die Staatsanwaltschaft bejahte jeweils den Anfangsverdacht, machte Ermittlungen aber zunächst vom Ausgang der Berufung des Zivilprozesses abhängig. Die Staatsanwaltschaft wollte „trotz eines ungewöhnlich hohen potentiellen zweistelligen Millionenschadens kein öffentliches Interesse“ erkennen. Dabei hatte ein Sachverständiger der TU München der revolutionären Technologie sogar einen Wert von potentiell 150 Millionen Euro beigemessen. „Nach unserem Wissen wurden alle Ermittlungsverfahren eingestellt“, heißt es bei Hilti. 

„Der Fall ist beispielhaft für die Schwächen des Strafrechts und damit der Durchsetzung der Rechte kleinerer Start-ups gegenüber ausländischen Unternehmen“, so Michael Kubiciel, Jura-Professor der Universität Augsburg.

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Mecklenburg ist unterdessen längst mit einer anderen Erfindung beschäftigt: Er entwickelt nun mit Bohr- und Abbruchhämmer. Den Projektnamen entlehnte er diesmal ebenfalls der Tierwelt – allerdings mit einem augenzwinkernden Zitat des Satirikers Loriot – Steinlaus.

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