Konjunktur „Die Verbraucher sind völlig verunsichert“

Quelle: imago images

Die Inflationsrate in Deutschland ist im März auf 2,2 Prozent gesunken. Trotzdem dürften viele Verbraucher vorerst knausrig bleiben, warnt der Konsumforscher Rolf Bürkl.

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WirtschaftsWoche: Herr Bürkl, die Inflation sinkt, die Löhne steigen. Können wir in den kommenden Monaten auf ein Konsumfeuerwerk hoffen, das die deutsche Wirtschaft ankurbelt?
Rolf Bürkl: Da wäre ich vorsichtig. Die Verbraucherstimmung ist noch immer schlecht. Die Bereitschaft etwa, längerlebige Gebrauchsgüter anzuschaffen, dümpelt seit anderthalb Jahren vor sich hin; da geht es zum Beispiel um Autos, Einrichtungsgegenstände oder größere Elektrogeräte.

Warum halten viele Leute ihre Portemonnaies immer noch geschlossen?
Wenn man sich die harten Fakten ansieht – stabiler Arbeitsmarkt, steigende Reallöhne, sinkende Inflation – müsste Deutschland kurz vor einem Konsumboom stehen. Doch die Verbraucher sind völlig verunsichert. Zum einen durch die hohe Teuerung der vergangenen zwei Jahre und durch externe Krisen wie Pandemie und Krieg. Aber auch die inkonsistente Regierungspolitik spielt eine große Rolle.

Was meinen Sie damit?
Haushaltskrise, Zukunft der Rente, Klimawende, die Debatte ums Heizungsgesetz: Den Menschen fehlt es an Planungssicherheit. Ihre Verunsicherung legt sich wie ein Schleier über die volkswirtschaftlichen Fundamentaldaten. Die Verbraucher vermissen angesichts der vielfältigen Krisen und industriellen Umwälzungen eine politische Führung. Der Konsum könnte zur Konjunkturlokomotive werden – wenn die Politik endlich eine klare Richtung vorgeben würde.

Zur Person

Ist das eine bloße Vermutung oder empirisch abgesichert?
Das Verunsicherung durch die Politik für den Konsum eine Rolle spielt, habe ich schon immer vermutet, konnte es aber nicht nachweisen. Jetzt aber haben wir unsere repräsentativen Umfragen zum Konsumklima empirisch verfeinert und dezidiert nach den Gründen für die wachsende Sparneigung gefragt. Es kam heraus, dass die Leute glauben, angesichts der unklaren politischen Linie ein Sicherheitspolster zu benötigen.
Auch bei ihren Konjunkturerwartungen sind die Konsumenten skeptisch. Der entspreche Index unserer Umfrage liegt aktuell bei minus drei. Wir nähern uns nur langsam der Nulllinie. Zum Vergleich: 2021, als der erste Coronaschock überwunden war, hatten wir streckenweise Werte von über 40.

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Kann es nicht auch sein, dass die Verbraucher der sinkenden Inflationsrate misstrauen?
Absolut! Inflation ist in Deutschland traditionell ein sensibles Thema und spielt für die Konsumentwicklung eine große Rolle. Viele Leute halten den jüngsten Rückgang offenbar nicht für nachhaltig. Zudem wird die Teuerungsrate stark vom Dienstleistungssektor bestimmt. Und hier ist noch lange nicht ausgemacht, ob die Preise nicht weiter anziehen – weil zum Beispiel die bereits erfolgten oder noch anstehenden tariflichen Lohn- und Gehaltserhöhungen sehr üppig ausfallen.

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