Arne Freundt Wie sich der Puma-CEO von seinem Vorgänger löst

Puma-Chef Arne Freundt Quelle: dpa Picture-Alliance

Mit neuem Marketing, neuem Personal in China und den USA, aber ohne Jay-Z: Wie Puma-Chef Arne Freundt sich nach knapp eineinhalb Jahren im Amt von Vorgänger und Dekadenpräger Björn Gulden emanzipiert.

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Es ist ein windiger Frühlingstag in Paris, etwa 100 Tage vor Beginn der Olympischen Spiele in der Stadt, als vier Superhelden eine kleine Bühne eines Hotels betreten. Es sind Leichtathletik-Profis: ein Stabhochspringer aus Schweden, ein Hochspringer aus Katar, ein Hürdenläufer aus Norwegen, eine Hochspringerin aus der Ukraine. Alle vier sind Weltrekordhalter. Und wie sie so da stehen, eingekleidet in ihre neuen, leuchtenden Puma-Wettkampfoutfits, bereit loszulaufen und -zuspringen, die trainierten Arm- und Beinmuskeln treten hervor, sehen sie tatsächlich so aus, wie der Puma-Chef Arne Freundt sie kurz zuvor angekündigt hat: wie „Heros“ – Helden.

Etwa 90 Gäste sind an diesem Tag ins Hotel „Mob House“ im Norden von Paris gekommen, hauptsächlich Sport- und Lifestylejournalisten aus Europa, aus Südafrika, China, den USA. Sie wollen sehen, wie Pumas Auftakt ins Supersportjahr 2024 aussieht, mit gleich drei großen Sportveranstaltungen: Fußball-EM, Olympische Sommerspiele und die Fußball-Südamerikameisterschaft Copa Amércia. Die Veranstaltung bildet den Auftakt in die bislang größte Marketingkampagne in Pumas Firmengeschichte. Der seit 2014 genutzte Puma-Werbespruch „Forever. Faster“ wird nun ergänzt durch den Slogan „See the game like we do“ (übersetzt: Betrachte das Spiel, wie wir es tun).

Doch vor allem ist dieser Auftritt in Paris der bislang größte öffentliche Aufschlag von Arne Freundt – Pumas Vorstandschef, bei dem man inzwischen nicht mehr automatisch das Attribut neu davorstellen kann. Denn Freundt übernahm den Chefposten von Vorgänger Björn Gulden im November 2022. Gulden hatte Puma fast zehn Jahre lang geführt und aus einem kleinen, kriselnden Unternehmen in Herzogenaurach wieder ein wachsendes und global ernstzunehmendes gemacht. Dabei entwickelte er große Begehrlichkeiten in der Branche, denn der dreimal so große Wettbewerber Adidas verpflichtete ihn schließlich als neuen Vorstandschef. Rund eineinhalb Jahre vor seinem Abgang hatte Gulden Freundt in den Puma-Vorstand geholt. Guldens Aufstieg ermöglichte Freundt die Bühne.

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Fast eineinhalb Jahren später stellt sich nun die Frage: Wie emanzipiert sich Arne Freundt von seinem Dekade-prägenden Vorgänger? Was soll einst sein Vermächtnis sein? Wie betrachtet Freundt das Spiel? Wenn man so will, kann man im neuen Kampagnenvideo von Puma bereits einen Teil der Antwort entdecken: Das Video ist unterlegt mit dem 90er-Jahre-Hit „Remember me“ – Erinnert euch an mich.

Endlich ist Puma mal vor Adidas

Im Innenhof des „Mob House“ hat Puma eine Tribüne aufgebaut: In drei Reihen stehen dort insgesamt 13 Schaufensterpuppen, die alle neue Olympia-Trikots tragen, die Puma für die Sommerspiele 2024 entworfen hat. Zusammen mit den vier Ländern, welche die vier Athleten vor Ort repräsentieren, stattet Puma also gleich 17 Nationalverbände aus. Der große Rivale Adidas kommt bloß auf neun nationale Sportkomitees. Puma, das ist eine Botschaft von Paris, ist endlich mal die Nummer eins im Wettbewerb der Dassler-Sportschuhfabriken. Auch beim Umsatzwachstum überflügelte Puma Adidas in den letzten Jahren deutlich und vermeldete für 2023 einen Rekordumsatz von 8,6 Milliarden Euro. Adidas' Umsatz sank um knapp fünf Prozent auf 21,4 Milliarden Euro. Wenn es offensichtlich so gut läuft bei Puma: Muss Arne Freundt dann überhaupt etwas anders machen als sein Vorgänger?

„Ja und nein“, antwortet Freundt. Er sitzt kurz nach der Präsentation in einem Zimmer des Hotels im ersten Stock. „Sicherlich war das Unternehmen, als ich CEO wurde, in einer viel besseren Verfassung als zehn Jahre zuvor, als Björn das Unternehmen übernommen hatte. Aber es ist ja nicht so, als ob jetzt alles perfekt wäre.“ Die ständigen Fragen und Vergleiche zu seinem Vorgänger sind gewiss kein Vergnügen für Freundt. In seinem ersten Interview als CEO im vergangenen Jahr wurde er gefragt, ob Gulden sein Freund sei. Seine Antwort: „Ich schätze Björn sehr, wir haben immer extrem gut zusammengearbeitet.“ Er weiß: Er hat Gulden viel zu verdanken. Aber jetzt sind sie nun mal Rivalen. Und man tritt Freundt nicht zu nahe, wenn man ihm unterstellt, den Anspruch zu haben, bei Puma eine eigene Handschrift entwickeln zu wollen.

Gulden ist auf die schnelle Pointe aus, Freundt bleibt ernst

Arne Freundt, 42 Jahre alt, zwei Kinder, pendelt nach wie vor zwischen Herzogenaurach und seiner Familie in München. Aufgewachsen ist er in Norddeutschland. Im Gespräch hört man ihm seine Herkunft noch an. Häufig beendet er seine Sätze mit einem „nich?“. Und auch wenn es wie ein Klischee klingen mag: eine typisch norddeutsche, zurückhaltende Art kann man Freundt nicht absprechen, vor allem im Vergleich zu Björn Gulden. Der Norweger ist stets auf eine schnelle Pointe und ein paar Lacher aus, macht aus seinen öffentlichen Auftritten mitunter regelrecht Comedy-Auftritte. Auch auf seinem öffentlichen Instagram-Profil zeigt er sich extrovertiert, umarmt auf Selfies Sportler. Freundt ist da ernster. Bei seiner Präsentation lacht keiner im Pariser Publikum. Muss natürlich auch niemand. Puma ist mit ihm bloß anders als die knapp zehn Jahre zuvor unter Gulden.

Im Hotelzimmer in Paris sagt Freundt, er verändere Dinge nicht um des Veränderns willen, sondern weil er das Unternehmen besser machen wolle. „Da gehe ich schon an ein paar Dinge ran, die aus meiner Sicht nicht so gut liefen.“ Er hat vor allem drei Themen mit akutem Handlungsbedarf ausgemacht: das Marketing und damit zusammenhängend die Markenbegehrlichkeit, sowie die beiden großen Problemmärkte China und USA.

Im Sommer 2023 entschied er, die globale Marketingorganisation von Boston nach Herzogenaurach zu verlagern. Damit einher ging die Entmachtung und Trennung von Adam Petrick; der US-Manager war 24 Jahre für Puma tätig, zuletzt als Global Chief Brand Officer. Freundt machte stattdessen den Franzosen Richard Teyssier zum neuen Marketingchef, der zuvor Pumas Europageschäft verantwortet hatte. Auch in den USA und China erneuerte er die Führungsteams. Der neue Vertriebschef für den US-Markt hat mehr als acht Jahre Adidas-Erfahrung, die neue US-Merchandise-Chefin holte Freundt vom kanadischen Yoga-Spezialisten Lululemon. Zur neuen China-Chefin ernannte Freundt die gebürtige Chinesin Shirley Li, sie war Anfang 2023 von Adidas zu Puma gewechselt. Das neue US-Team soll vor allem die Verkäufe in Niedrigpreis- und Rabatt-Geschäften zurückfahren, was wohl in letzter Zeit Überhand genommen hat. Sind das Korrekturen von Björn Guldens Entscheidung? „Mit dem Fokus, den ich habe, sind das die notwendigen Personalentscheidungen gewesen“, sagt Freundt.

In der Tat ist Puma auch unter Erfolgsmann Gulden in China deutlich zurückgefallen. Laut Freundt sei Puma dort nur auf Rang 16 der Sportartikelmarken, mit einem Marktanteil von einem Prozent. Für die weltweite Nummer drei sei das natürlich viel zu wenig in dem Riesenmarkt. Langfristig, sagt er, wolle er Puma in China auf Rang 5 heben. „Dann wären wir die drittgrößte internationale Marke, hinter den beiden sehr starken lokalen Wettbewerbern.“ Gemeint sind die chinesischen Sportmarken Anta Sports und Li-Ning. Und in den USA, dem größten Sportmarkt der Welt, habe Puma auch bloß drei Prozent Marktanteil, seufzt Freundt. „Deshalb sage ich: Ja, Puma steht viel besser da als vor zehn Jahren. Aber trotzdem sehe ich noch viele Möglichkeiten, um noch besser zu werden.“

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