Arne Freundt Wie sich der Puma-CEO von seinem Vorgänger löst

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Seit Freundt CEO ist, rutscht die Aktie ab

Da werden ihm Aktionäre nicht widersprechen. Denn die Puma-Aktie befindet sich im Niedergang: mehr als 20 Prozent Wertverlust in den vergangenen zwölf Monaten. Das Frappierende: Die Abwärtsbewegung setzte ein, als Björn Gulden Puma verließ. Gleichzeitig gewinnt die Adidas-Aktie kontinuierlich an Wert, seitdem Gulden dort die Führung übernahm. „Dass Pumas Aktie nach dem Chefwechsel sinkt, ist sicherlich ein wenig unfair“, sagt Volker Bosse, Analyst bei der Baader Bank. „Arne Freundt hat ja nichts falsch gemacht, aber die Anleger sind offenbar vermehrt mit Gulden zu Adidas gewechselt – weil sie mit ihm Hoffnung auf Wachstum verbinden.“

Unfair? So betrachte er das gar nicht, entgegnet Freundt abgeklärt. Er sei nun mal erst seit knapp 18 Monaten als CEO präsent, ein neues Gesicht am Aktienmarkt. „Man muss mich erstmal kennenlernen und verstehen.“ Da mache er große Fortschritte. Zudem liefere Puma in einem schwierigen Umfeld gute Zahlen ab. „Und die Bewertung des Unternehmens am Aktienmarkt wird dem folgen.“ Eine Hoffnung, mit der Freundt auch François Pinault überzeugen muss: Der französische Milliardär und Eigentümer des Luxuskonzerns Kering (Gucci, Balenciaga, Yves Saint Laurent) ist über seine Familienholding Artemis noch mit knapp 30 Prozent an Puma beteiligt und damit größter Anteilseigner.

Der Sportartikelkonzern Puma wächst stärker als der große Konkurrent Adidas. Dennoch hat Vorstandschef Freundt in seinem ersten CEO-Jahr Schwächen ausgemacht – die nun etwa eine Partnerschaft mit RB Leipzig lösen soll.
von Stephan Knieps

Doch ob gute Zahlen automatisch eine gute Kursentwicklung nach sich ziehen, ist nicht gesagt. Viele Anleger und Investoren hätten mit der Person Björn Gulden vor allem dessen Geschick im Umgang mit Händlern sowie mit Sportlern geschätzt, sagt Analyst Bosse. Gulden hat früher professionell Fußball gespielt und sucht mehr als andere CEOs die Nähe zu Profisportlern, weswegen man ihm offenbar eine erhöhte Überzeugungskraft bei Sponsorings von Spitzensportlern zutraut. Zudem habe Gulden in seiner Zeit als Puma-Chef davon profitiert, dass Nike und Adidas den Handel vernachlässigt haben zugunsten ihres jeweiligen Direktvertriebs, meint Bosse. So habe Gulden mit Puma teilweise deren Vakanzen bei Händlern besetzen können. „Wenn Gulden aber nun dieselbe Strategie bei Adidas anwendet, wird die Luft für Puma natürlich dünner.“

Auch Freundt kennt den Handel gut

Doch Arne Freundt kommt zugute, dass er die Händler ebenfalls gut kennt. Vier Jahre, von 2015 bis Ende 2018, verantwortete er Pumas globales Direktgeschäft sowie den globalen Onlinehandel. Ab 2019 leitete Freundt Pumas wichtigste Region EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika), bevor er im Juni 2021 in den Vorstand berufen wurde als „Chief Commercial Officer“, also zuständig für Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung. In seiner Verantwortung stieg zwar auch Pumas Direktvertriebsanteil, zuletzt auf 24,8 Prozent, allerdings liegt er immer noch deutlich unter jenen Werten von Nike (43,7 Prozent) und Adidas (41 Prozent), was die Händler milde stimmt. Frank Geisler, Vorstandsmitglied bei der Sporthandelskette Intersport mit rund 1.400 Geschäften (3,5 Milliarden Euro Umsatz), kennt Freundt schon seit einigen Jahren und sieht keine Anzeichen für eine Strategieänderung seit Guldens Abgang: Freundt führe den „erfolgreichen Kurs fort“. Die Zusammenarbeit mit Puma beschreibt er als „weiterhin positiv und händlerorientiert“. Das zeige sich auch darin, sagt Geisler, „dass Adidas und Nike sich nun wieder in diese Richtung einer stärkeren Händlerorientierung bewegen“.

Zum Verkauf von Sport- und Freizeitschuhen gehören aber auch die richtigen Gesichter. Björn Gulden (ja, noch ein Vergleich) hatte in einem „Focus“-Interview 2022 gesagt, der Erfolg von Sportmarken hänge zu fast 100 Prozent an den Markenbotschaftern. Mit dieser These stimme er nicht überein, erwidert Arne Freundt nun (ja, noch eine Abgrenzung). Für ihn beginne alles bei einer Sportmarke beim Produkt und der Produktqualität: „Das ist die Basis sämtlichen Erfolgs. Natürlich helfen Markenbotschafter, ein Gesicht zu diesen Produkten zu sein und die Glaubwürdigkeit widerzuspiegeln, dass das Produkt auch im professionellen Bereich funktioniert.“

„Sneakerfans suchen nach Abwechslung in ihren Kleiderschränken“

Die Begehrlichkeit von Sportmarken spiegelt sich vor allem in den Schuhmodellen, den meistverkauften Produkten bei Puma wie auch bei Adidas. Drew Haines ist Trend-Scout und Merchandising-Chef bei Stock-X, mit mehr 15 Millionen Nutzern eine der weltgrößten Sneaker-Wiederverkaufsplattformen. Er sagt, man merke, dass die neue Führung von Puma versuche, die Relevanz des Unternehmens in der Kultur zu steigern. „Es gibt viele Gründe, warum manche Marken erfolgreich sind, aber viele, die in den letzten Jahren Erfolg hatten, weisen Ähnlichkeiten auf.“ Marken könnten etwa die Nachfrage nach ihren Kern- und Standardprodukten steigern, indem sie begrenzte Kollaborationen lancieren, wie es etwa dem US-Laufschuhhersteller New Balance mit dem New Yorker Streetwear-Marke ALD (Aime Leon Dore) geglückt sei, oder Nike mit Supreme.

Andere Marken, sagt Haines, hätten Erfolg mit der Wiedereinführung klassischer Modelle aus den 90er- und 2000er-Jahren, wie Adidas derzeit mit dem Samba oder Gazelle. Sie nutzten die Nostalgie mit frischen Farben, um den Absatz anzukurbeln. „Auch Puma hat eine große Auswahl an Turnschuhmodellen, die den heutigen Geschmack der Verbraucher treffen“. Als Beispiele nennt er die Schuhe Palermo, Easy Rider und den ursprünglich als Rennfahrerschuh konzipierten Speedcat. „Die Frage wird sein, ob Puma die Kunden für sich gewinnen kann, die des aktuellen Angebots anderer Marken überdrüssig sind, denn Sneakerfans suchen zunehmend nach Abwechslung in ihren Kleiderschränken.“ Auch die Wiederaufnahme der Kollaboration mit R&B-Sängerin Rihanna und ihrem Modelabel Fenty, die Freundt Anfang 2023 ankündigte, sei sehr vielsprechend, meint Haines. „Wenn sie diesen Weg mit anderen führenden und authentischen Stimmen der Straßenkultur fortsetzen, werden sie für große Aufregung sorgen.“

Pumas Partnerschaft mit Jay-Z ist beendet

2018 gelang Pumas damaligen Marketingchef Adam Petrick ein besonderer Personalcoup abseits des Sportplatzes: Er gewann Jay-Z als Markenbotschafter. Jay-Z ist einer der erfolgreichsten und einflussreichsten US-Rapper und Produzenten, und seit einigen Jahren auch Modeunternehmer sowie Anteilseigner der Basketball-Mannschaft Brooklyn Nets. Er erhielt den Titel Creative Director der Basketball-Sparte, die Puma zuvor „etwas zu sehr vernachlässigt“ hatte, wie der langjährige Puma-Archivar Helmut Fischer in einem Buch formulierte. Fortan war Jay-Z auch mit dafür verantwortlich, welche NBA-Spieler Puma unter Vertrag nahm.

Doch schon seit einiger Zeit hört und sieht man nichts mehr von dieser Kooperation. Der Eindruck stimmt: „Die Zusammenarbeit mit Jay-Z ist beendet“, sagt Freundt. Er sei ganz wichtig gewesen, um bei Pumas Wiedereintritt in das Basketballsegment vor sechs Jahren die richtigen Türen zu öffnen. Offenbar mit Erfolg: Laut Freundt hat Puma heute zehn Prozent Marktanteil im US-Basketballgeschäft im Signature- und Performancebereich. Und laut Stock-X waren im vergangenen Jahr von den zehn meistgehandelten Puma-Schuhen neun Varianten des Signature-Basketballschuhs des populären NBA-Profis LaMelo Ball.

Warum also nun die Trennung von Jay-Z? „Man beginnt ja eine Partnerschaft immer mit einem gewissen Ziel“, erklärt Freundt. „Und wenn das Ziel erreicht ist, überlegt man: Was ist jetzt das nächste Etappenziel?“ Puma fokussiere sich im Basketball nun mehr auf den Graswurzel-Ansatz und den Amateurbereich. Da kann man offensichtlich auf Jay-Z verzichten. Ob diese Entscheidung von Gulden, von Freundt oder von Jay-Z getroffen wurde, dazu schweigt Puma. Aber man darf davon ausgehen, dass der Rapper nicht der letzte Markenbotschafter aus dem US-Entertainmentbereich gewesen ist. Wie Puma vor wenigen Wochen vermeldete, wird der Konzern Anfang 2025 ein neues Studio in Los Angeles für „Produktentwicklung und Marketingaktivitäten“ für den US-Markt eröffnen.

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Jeder träume davon, eine Superkraft zu haben, sagt Arne Freund auf der Bühne in Paris. Die Superkraft von Puma sei Geschwindigkeit. Wenn man sich in Zukunft mal an den Puma-Chef Arne Freundt erinnern wird, wird er auch daran gemessen werden, in welcher Geschwindigkeit er Marktanteile gewonnen und die Abstände zu Nike und Adidas verkleinert hat.

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