Mindestlohn 2024 Wie sich die Höhe des Mindestlohns in Deutschland entwickelt hat

Mindestlohn in Deutschland Quelle: dpa

In Deutschland gilt ein gesetzlicher Mindestlohn. In den vergangenen Jahren wurde er stetig erhöht. Doch um die Höhe gibt es Diskussionen. Nun fordert Bundeskanzler Olaf Scholz eine deutliche Anhebung. Ein Überblick.

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Immer wieder kocht in der Ampelkoalition das Thema Mindestlohn auf und führt zu Diskussionen unter den Regierungsparteien. Derzeit ist vorgesehen, dass der Mindestlohn im kommenden Jahr von derzeit 12,41 Euro auf 12,82 Euro steigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reicht das nicht – und spricht sich gegenüber dem „Stern“ für eine Erhöhung aus: „Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben.“ Zuvor hatten bereits andere Parteien eine Anhebung des Mindestlohns angeregt.

Wie hat sich der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland entwickelt? Welche Branchenmindestlöhne gelten – und was ist zu tun, sollte der Arbeitgeber den Mindestlohn nicht zahlen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wann wurde der gesetzliche Mindestlohn eingeführt?

Nach dem sogenannten Mindestlohngesetz (MiLoG), das erstmals am 11. August 2014 verabschiedet wurde, gilt der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn in Deutschland seit dem 1. Januar 2015.

Ist der Mindestlohn brutto oder netto?

Der Mindestlohn wird stets in brutto angegeben. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums bekommen Beschäftigte bei einer 40-Stunden-Woche mit dem neuen Mindestlohn für das Jahr 2024 2151 Euro brutto im Monat. Wie viel davon netto nach Abzug von Steuern, Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bleibt, hängt wie immer von verschiedenen Faktoren ab, etwa der Steuerklasse, dem Familienstand oder der Anzahl der Kinder.

Wie wird über die Höhe entschieden?

Im Herbst 2022 wurde der Mindestlohn ausnahmsweise von der Ampel-Koalition per Gesetz von 10,45 Euro auf 12 Euro angehoben. Vor allem die SPD hatte sich dafür im Bundestagswahlkampf 2021 stark gemacht. Eigentlich ist jedoch die Mindestlohnkommission zuständig. Darin beraten jeweils drei hochrangige Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter, zwei Wissenschaftler und ein oder eine Vorsitzende alle zwei Jahre über eine Erhöhung der Lohnuntergrenze. Berücksichtigt wird dabei die Tarifentwicklung im Land. Die Kommission legt dann einen Vorschlag vor, den die Regierung in der Regel mit einer Verordnung verbindlich macht.

Wie hoch ist der Mindestlohn in Deutschland 2024?

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland wird in zwei Schritten erhöht: Seit dem 1. Januar 2024 liegt die unterste Lohngrenze bei 12,41 Euro brutto pro Stunde. Ein Jahr später wird sie auf 12,82 Euro erhöht. Zuvor lag dieser bei zwölf Euro. 

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Wie hoch soll der Mindestlohn in Deutschland 2025 steigen?

Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll zum 1. Januar 2025 noch einmal von 12,41 Euro auf 12,82 Euro steigen. Diesen Vorschlag legte die zuständige Mindestlohnkommission am Montag, den 26. Juni 2023, in Berlin vor.

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Derweil werden Forderungen nach einer deutlich höheren Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde laut. Zuletzt forderte Olaf Scholz die Erhöhung. Bereits zuvor haben sich Gewerkschaft Verdi und die Grünen im Bundestag aufgrund einer EU-Richtlinie für eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde ausgesprochen. Auch die Linke plädiert für einen Stundenlohn von 15 Euro. Frank Werneke, der Vorsitzende von Verdi, erklärte gegenüber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, dass er allen Parteien, die eine breite Zustimmung in der Bevölkerung anstreben, dringend empfehle, im Bundestagswahlkampf klar zu machen, dass sie sich für einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde einsetzen. Gemäß dieser EU-Richtlinie sollte der Mindestlohn bei 60 Prozent des Median-Einkommens liegen, was derzeit etwas mehr als 14 Euro entspricht. Werneke betonte weiter, dass aufgrund des voraussichtlichen Anstiegs der durchschnittlichen Löhne bis 2026 ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde erforderlich sei.

Wie viele Menschen arbeiten für den Mindestlohn?

Ganz genau lässt es sich nicht sagen. Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamts waren im Oktober 2022 ungefähr sechs Millionen abhängig Beschäftigte (15 Prozent) im Niedriglohnsektor beschäftigt. Zum Niedriglohnbereich zählen demnach Jobs, in denen weniger als 12,76 pro Stunde gezahlt wird. Von der Erhöhung des Mindestlohns auf 12,45 Euro profitierten den Angaben zufolge etwa 5,8 Millionen Menschen, die weniger als 12 Euro die Stunde hatten. Die jüngste Mindestlohnerhöhung auf 12,41 Euro dürfte einen ähnlichen Personenkreis betreffen.

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Wie hoch war der gesetzliche Mindestlohn 2022 und 2023 in Deutschland?

Bis zum 31. Dezember 2023 lag der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland bei 12 Euro. Dieser Betrag galt seit 1. Oktober 2022. Zuvor waren es 10,45 Euro.

Wie hoch war der Mindestlohn in Deutschland im Jahr 2021?

2021 belief sich der Mindestlohn zunächst auf 9,50 Euro pro Stunde. Zum 1. Juli 2021 wurde er auf 9,60 Euro angehoben. 

Wie hoch war der Mindestlohn im Jahr 2020?

2020 galt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 9,35 Euro pro Stunde.

Wie hoch war der Mindestlohn im Jahr 2019?

Im Jahr 2019 betrug der Mindestlohn in Deutschland im Zeitraum zwischen dem 1. Januar bis zum 31. Dezember 9,19 Euro pro Stunde.

Wie hoch war der Mindestlohn in den Jahren 2017 und 2018?

In den Jahren 2017 und 2018 lag der Mindestlohn in Deutschland bei 8,84 Euro pro Stunde. Er galt im Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis einschließlich 31. Dezember 2018.

Wie hoch war der Mindestlohn in den Jahren 2015 und 2016?

In den Jahren 2015 und 2016 betrug der Mindestlohn in Deutschland 8,50 Euro. Er galt im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis einschließlich 31. Dezember 2016.

In welchen Branchen wird der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland gezahlt?

Grundsätzlich gilt in Deutschland, dass in keiner Branche unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns gezahlt werden darf. Einige Studien zeigen aber, dass Arbeitnehmer, trotz der gesetzlichen Verbindlichkeit, oftmals unter dem Mindestlohn verdienen. Das geschieht beispielsweise durch unbezahlte oder nicht erfasste Überstunden.

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Wie hoch sind die Branchenmindestlöhne 2024?

Branchenmindestlöhne gelten für alle Betriebe einer Branche. Dabei ist es irrelevant, ob diese Betriebe und Firmen tarifgebunden sind. Im Zuge der Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern werden diese Mindestlöhne ausgehandelt. Einige Branchen, unter anderem das Wäscherei-, das Bauhauptgewerbe und die Abfallwirtschaft, haben sich zuletzt von einem branchenspezifischen Mindestlohn verabschiedet. Teils, weil keine Einigungen der Tarifparteien gelungen sind. Hier gilt der gesetzliche Mindestlohn.

Für die folgenden Branchen gibt es weiterhin einen branchenspezifischen Mindestlohn:

BrancheMindestlohn pro StundeGültig seit/ab
Berufliche Aus- und Weiterbildung18,58 Euro1. Januar 2024
Dachdeckerhandwerk

13,90 Euro (ungelernt)

15,60 Euro (Geselle)

1. Januar 2024
Elektrohandwerk13,95 Euro1. Januar 2024
Fleischerhandwerk12,30 Euro1. Dezember 2023
Gebäudereinigung13,50 Euro (Innen- und Unterhaltsreinigung)
16,70 (Glas- und Fassadenreinigung)
1. Januar 2024
Gerüstbauerhandwerk13,60 Euro1. Oktober 2023 (nächste Erhöhung am 1. Oktober 2024 auf 13,95 Euro)
Maler- und Lackierer13,00 Euro 
(ungelernt) (bis 31. März 12,50 Euro)
15,00 Euro
(Geselle)
(bis 31. März 12,50 Euro)
1. April 2024
Pflegebranche

15,50 Euro (ungelernt) (bis 31. April 14,15 Euro)

16,50 Euro (mind. einjährige Ausbildung) (bis 31. April 15,25 Euro)

19,50 Euro (Pflegefachkräfte) (bis 31. April 18,25 Euro)

1. Mai 2024
Schornsteinfegerhandwerk14,50 Euro1. Januar 2024
Steinmetz- und Steinhauerhandwerk13,35 Euro1. August 2022 (unverändert)
Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfenje nach Qualifikation Bundesland unterschiedlich, mindestens jedoch 14,46 Euroje nach Bundesland und Qualifikation unterschiedlich
Leiharbeit/Zeitarbeit13,50 Euro1. Januar 2024

Quelle: Deutscher Gewerkschaftsbund

Für wen gilt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland nicht?

Das Mindestlohngesetz beinhaltet durchaus Ausnahmen, bei denen der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland nicht gezahlt werden muss. Treffen die folgenden Kriterien auf Personen zu, können Arbeitgeber sie geringer entlohnen. Sie unterliegen nicht dem Mindestlohngesetz:

  • Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung
  • Auszubildende im Rahmen der Berufsausbildung. Dies gilt unabhängig vom Alter
  • Langzeitarbeitslose, die in den ersten sechs Monaten nach Beendigung der Arbeitslosigkeit beschäftigt sind.
  • Praktikanten, sofern das Praktikum verpflichtend im Rahmen einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung stattfindet
  • Praktikanten, wenn das Praktikum freiwillig ist, wenn sie es bis zu einer Dauer von drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung absolvieren oder wenn das Praktikum zur Aufnahme eines Studiums an einer Hochschule oder Universität dient
  • Jugendliche, die an einer Einstiegsqualifizierung als Vorbereitung für eine Berufsausbildung teilnehmen oder an einer anderen Berufsbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz
  • Ehrenamtlich tätige Personen

Welche Konsequenzen müssen Arbeitgeber bei Bezahlung unter Mindestlohn befürchten?

Grundsätzlich gilt: Besteht kein Anspruch auf einen Branchenmindestlohn, ist immer mindestens der allgemeine Mindestlohn zu zahlen. Der Zoll bietet eine Übersicht der Arbeitsbedingungen nach Tarifverträgen.

Bis auf die oben genannten Ausnahmen hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen Mindestlohn. Geregelt wird das vom Mindestlohngesetz (MiLoG), dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG), dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und dem Arbeitnehmerrecht. Verstößt ein Arbeitgeber dagegen, können die Geldbußen 200 bis 500.000 Euro betragen. Es kommt hier auf die Häufigkeit, den Vorsatz und die Zusammenarbeit mit den Behörden – die sogenannte Mitwirkungspflicht – an.
Bei Geldbußen von mehr als 200 Euro erfolgt zusätzlich ein Eintrag im Gewerbezentralregister. Ab einer Geldstrafe von 2500 Euro können Unternehmen zeitweise vom Wettbewerb um öffentliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträge ausgeschlossen werden. Außerdem muss der Arbeitgeber gemäß Sozialgesetzbuch IV §28 bei einer Nachforderung des vorenthaltenden Mindestlohns sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil der Kosten für die Sozialversicherung zahlen.

 

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Was kann man tun, wenn der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn nicht zahlt?

Zahlt der Arbeitgeber zu wenig Gehalt (unter Mindestlohn), können ihn Arbeitnehmer drei Jahre rückwirkend verklagen. Dafür sollte man sich zuvor aber bei einem Anwalt, einer Gewerkschaft oder dem Betriebsrat beraten lassen. Außerdem kann der Arbeitgeber auch anonym bei der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ gemeldet werden. Die Homepage des Zolls bietet eine Suchmaschine, in der die zuständige Dienststelle zu finden ist. Wichtig: Zuständig ist die Behörde, die in der Nähe des jeweiligen Arbeitsplatzes liegt – nicht in der Nähe des Arbeitnehmers.

Außerdem bietet der Bund eine Informationshotline zum Thema Mindestlohn an. Bei Fragen helfen die Mitarbeiter unter der Telefonnummer 030-60280028. Hier erfolgt jedoch keine Rechtsberatung im Einzelfall, die Mitarbeiter erklären lediglich umfassend das Gesetz.

Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns in der Tabelle

Jahr Mindestlohn (brutto)Anstieg
2015/20168,50 Euro pro Stunde+ 8,50 Euro pro Stunde
2017/20188,84 Euro pro Stunde+ 34 Cent pro Stunde
20199,19 Euro pro Stunde+ 35 Cent pro Stunde
20209,35 Euro pro Stunde+ 16 Cent pro Stunde
01.01.20219,50 Euro pro Stunde+ 15 Cent pro Stunde
01.07.20219,60 Euro pro Stunde+ 10 Cent pro Stunde
01.01.20229,82 Euro pro Stunde+ 22 Cent pro Stunde
01.07.202210,45 Euro pro Stunde+ 63 Cent pro Stunde
01.10.202212,00 Euro pro Stunde+ 1,55 Euro pro Stunde
01.01.202412,41 Euro pro Stunde+ 41 Cent pro Stunde
01.01.2025*12,82 Euro pro Stunde+ 41 Cent pro Stunde

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales; *: Vorschlag der Mindestlohnkommission

Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien erstmals im Juni 2022 bei der WirtschaftsWoche. Wir haben ihn aktualisiert und zeigen ihn aufgrund des Leserinteresses erneut.

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