Erst rückte wohl die Steuerfahndung an, dann folgte die Insolvenz: Was über das Start-up ExpressSteuer aus Hamburg jüngst in der Presse berichtet wurde, war für die Szene der digitalen Steuerhelfer ein echter Schock. ExpressSteuer hatte Nutzern eine Steuererklärung mit minimalem Aufwand versprochen, gegen Beteiligung an der Steuererstattung. Offiziell sollte dabei ein Profi – Anwalt oder Steuerberater – mit der Steuererklärung beauftragt werden. Tatsächlich wurden die Angaben aber wohl weitgehend automatisiert gemacht, basierend auf sehr groben Auskünften der Nutzer. Als Finanzämter eingetragene Ausgaben hinterfragten, ließen sich diese nicht belegen. Einzelfälle? Daran gibt es Zweifel.
Vor ein paar Jahren tauchte ExpressSteuer auch im Praxistest digitaler Steuerhelfer der WirtschaftsWoche auf (Ausgabe 15/2021). Als Angebot „für Wagemutige“ bezeichneten wir den Service. Die grob abgefragten Werte würden offenbar nicht im Detail überprüft. „Das ist riskant!“, hieß es im Test. Vieles laufe „auf eine mit der heißen Nadel gestrickte Erklärung“ hinaus. Ein Jahr später wurde ExpressSteuer in der WirtschaftsWoche als „Start-up der Woche“ vorgestellt.
Eine unrühmliche Geschichte, die aber nicht symptomatisch für die Szene ist. Zum Glück. Die meisten Anbieter digitaler Tools für die Steuererklärung unterstützen mit System, in der Regel kommt eine umfassende und korrekte Steuererklärung heraus. Das zeigt der diesjährige Praxistest von 16 Angeboten.
Ab 15 Euro geht es los
Unangefochtene Spitze bei klassischer Steuersoftware ist, wie schon in den Vorjahren, Wiso Steuer. Dabei ist die Abgrenzung von Steuersoftware zu reinen Onlinetools und Apps für das Smartphone aber nicht trennscharf. So können Nutzer auch bei Wiso ihre Steuererklärung per App oder Browser bearbeiten. Besonders stark ist Wiso Steuer in komplexeren Fällen, weil zum Beispiel auch Einkünfte aus Selbstständigkeit oder Vermietung umfassend unterstützt werden.
Ähnlich ist es bei Smartsteuer, das unter den browserbasierten Onlinetools als Sieger hervorgeht. Die App Steuerbot eignet sich vor allem für simplere Fälle. Angestellte, die neben ihrem Gehalt auch die beruflichen Ausgaben absetzen möchten, werden mit der im Chatmodus erstellten Steuererklärung gut klarkommen. Vielleicht macht ihnen die sonst oft lästige Pflicht mit dem verspielten Steuerbot sogar ein wenig Spaß.
Mit Preisen um 15 Euro geht es bei Steuersoftware los, gemessen am günstigsten Downloadangebot laut Preisvergleichswebsites. Umfassende Software, die auch komplexe Fälle abdeckt, kostet mindestens rund zehn Euro mehr. Der Vorteil von Software ist, dass Nutzer mit einer Standardlizenz mehrere Steuererklärungen abgeben können, im besten Fall fünf (bei Tax, Taxman und Wiso). Bei den Onlinetools und Apps kostet in der Regel jede einzelne Abgabe. Eine Ausnahme bildet Smartsteuer, das ebenfalls bis zu fünf Steuererklärungen zum gleichen Preis zulässt – allerdings nur für ein Steuerjahr.
Meist sind die Browser- und Smartphone-Tools daher teurer: Schon für die Abgabe einer einzigen Steuererklärung zahlen deren Nutzer mehr als für den Kauf einer Steuersoftware. Teils verlangen die Anbieter auch noch einen Aufschlag, wenn Paare eine gemeinsame Steuererklärung abgeben wollen. Wundertax nimmt dann 49,99 Euro (statt 34,99 Euro), Taxfix sogar 59,99 Euro (statt sonst 39,99 Euro). Steuerbot nimmt keinen Aufschlag, fiel aber mit einer deutlichen Preiserhöhung um ein Drittel zum Vorjahr auf.
Immerhin lassen sich die Kosten der digitalen Steuerhelfer absetzen. Streng genommen gilt das zwar nur für Steuerberatungskosten, die mit einer bestimmten Einkunftsart verbunden sind. In der privaten Steuererklärung spielen aber meist auch private Themen eine Rolle, etwa haushaltsnahe Dienstleistungen oder Krankheitskosten. Doch Ausgaben bis 100 Euro dürfen gemäß einer Vereinfachungsregel komplett abgesetzt werden, auch wenn sie sowohl beruflich als auch privat entstanden sind. Höhere Ausgaben für steuerliche Unterstützung können alternativ zu 50 Prozent pauschal abgesetzt werden, was sich entsprechend ab Ausgaben in Höhe von 200 Euro lohnt.
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Steuerpflichtige können die Ausgabe einer Einkunftsart ihrer Wahl zuordnen. Haben sie nur Einkünfte einer Art erhalten, also beispielsweise Lohn als Angestellte, müssen sie die Kosten dieser Kategorie zuschlagen. Erst wenn die beruflichen Ausgaben in Summe den Werbungskostenpauschbetrag übersteigen, wirken sie sich wirklich aus. Für 2023 und auch für 2024 beträgt dieser nach aktuellem Stand 1230 Euro im Jahr.
Lohnende Aufgabe
Noch bleibt für die Steuererklärung des Jahres 2023 etwas Zeit. Wer zur Abgabe verpflichtet ist, muss diese bis spätestens 2. September 2024 eingereicht haben. Unterstützen Profis wie Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein, bleibt bis 2. Juni 2025 Zeit. Rein freiwillige Steuererklärungen können noch vier Jahre lang abgegeben werden. Damit wäre die Abgabe für das Jahr 2023 noch bis Ende 2027 möglich. Zur Pflicht kann die Steuererklärung aus verschiedenen Gründen werden, etwa beim Bezug von über 410 Euro an Nebeneinkünften (nach Abzug von Kosten) oder Lohnersatzleistungen (wie Elterngeld oder Arbeitslosengeld). Haben Angestellte Lohn in den Lohnsteuerklassen III, V oder IV mit Faktor bezogen, müssen sie ebenfalls ran.
Doch selbst wenn die Abgabe freiwillig ist, lohnt sich die Mühe oft. Meist bekommen Steuerpflichtige Geld zurück, im Schnitt 1095 Euro. Nur in einem von zehn Fällen mussten sie noch Steuer nachzahlen.
Eine wichtige Steueränderung gab es mit Blick auf 2023 bei der Arbeit im Homeoffice. Die Homeoffice-Pauschale wurde von fünf auf sechs Euro am Tag angehoben und kann jetzt für bis zu 210 Tage im Jahr geltend gemacht werden.
Insgesamt wären damit bis zu 1260 Euro absetzbar, das zu versteuernde Einkommen sinkt entsprechend. Jeder weitere beruflich ausgegebene Euro bringt dann eine Ersparnis von teils gut 40 Cent. Mit den digitalen Steuertools fällt davon möglichst nichts unter den Tisch.
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