Steuerapps im Praxistest Mein Elster: Das staatliche Steuererklärungs-Portal unterstützt kaum

Quelle: Screenshot

Auch die Finanzverwaltung bietet ein Digitaltool für die Steuererklärung. Doch Bedienung und Sprache bleiben hier maximal abschreckend. Ein Praxistest.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Was ist Mein Elster?

Mein Elster ist das kostenlose Digitaltool der Finanzverwaltung für die Steuererklärung. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat schon 2023 Großes angekündigt: „die volldigitale Steuererklärung“. Alle beim Staat verfügbaren Daten sollten automatisch zur Verfügung gestellt werden. Soweit ist es noch nicht, wie der Praxistest von Mein Elster zeigt. Mein Elster kann auch über Tablet oder Smartphone genutzt werden. Teil des Angebots ist einfachElster, ein Service der speziell auf Rentnerinnen und Rentner sowie Pensionärinnen und Pensionäre zugeschnitten ist. Sie sollen dabei durch ihre papierlose Steuererklärung geführt werden. Auch für die Abgabe der Grundsteuererklärung kommt Mein Elster zum Einsatz.

Mein Elster im Praxistest: Wie sind die Erfahrungen?

Wie funktioniert die Registrierung bei Mein Elster?

Steuersiegel24

Die Mein-Elster-Registrierung ist etwas umständlich. Ist sie einmal erledigt, funktioniert der Zugriff gut. Statt Benutzername und Passwort sind bei Mein Elster eine Zertifikatsdatei und ein Passwort nötig. (Grundsätzlich können auch andere Login-Optionen genutzt werden. Doch diese sind eher für Unternehmer und Steuerberater gedacht.) Nach der Anmeldung mit den persönlichen Daten – insbesondere auch der steuerlichen Identifikationsnummer (Steuer-ID) – schickt das Finanzamt Aktivierungsdaten per E-Mail und Post zu. Per E-Mail kommt eine Aktivierungs-ID, per Post ein Aktivierungs-Code. Als Adresse wird die aktuelle Meldeadresse genutzt. So soll eine unberechtigte Anmeldung mit fremden Daten ausgeschlossen werden. 

Bis der Aktivierungscode eintrifft, kann es mehrere Werktage dauern. Die Finanzverwaltung selbst spricht von einer Dauer von bis zu zehn Werktagen für die gesamte Registrierung. Nach Eingabe der Aktivierungsdaten bekommen Nutzer letztlich die Zertifikatsdatei, die sie dann lokal abspeichern können (auf dem Computer oder einem USB-Stick etwa). Danach ist der Login mit der Zertifikatsdatei samt Passwort möglich. Alternativ kann für den Login auch ein eigenes mobiles Gerät mit der App ElsterSecure (ehemals: ElsterSmart) oder der Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion und beispielsweise der App AusweisApp Bund genutzt werden.

Wie funktioniert die Steuererklärung mit Mein Elster?

Über den Eintrag „Neues Formular“ kann dann eine Steuererklärung begonnen werden. Im ersten Schritt können Daten aus einer früheren Abgabe (also einer alten Steuererklärung) bei Mein Elster übernommen werden. Einige Daten, etwa von der Krankenversicherung oder aus der Lohnsteuerbescheinigung, lassen sich im zweiten Schritt automatisch laden (auch „vorausgefüllte Steuererklärung“ oder „Belegabruf“ genannt). Diese Funktion versteckt sich hinter der Frage: „Möchten Sie Bescheinigungen einfüllen?“ Die abgerufenen Daten können dann direkt an der passenden Stelle in die Steuererklärung geladen werden. So kommen Nutzer von Mein Elster schneller ans Ziel. Ein vorgeschalteter „Anlagenassistent“, der relevante Themen abfragt, kürzt die Prozedur weiter ab. 

Bei der Eingabe aller noch fehlenden Daten unterstützt Mein Elster dann jedoch zu wenig. Wer beispielsweise die Werte aus den Steuerbescheinigungen mehrerer Banken übernehmen will, um damit die Anlage für Kapitalerträge auszufüllen, der muss diese selbst zusammenrechnen. Mein Elster akzeptiert nur die Summe aus den einzelnen Bescheinigungen. In anderen Tools können die Steuerbescheinigungen einzeln angelegt werden und die Summen werden so automatisch errechnet. Das macht es später auch viel leichter, deren Entstehung noch nachzuvollziehen.

Sprache und Bedienung bleiben maximal abschreckend. Viele Abfragen sind mit kryptischen Bezeichnungen betitelt, wie „Einkommensersatzleistungen, ohne Beträge laut Zeile 23 der Anlage N“. Wer bei einem Untermenü mit dem Namen „Beschränkung der Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer nach § 36a EStG und / oder § 31 Abs. 3 InvStG“ sofort Bescheid weiß, der ist hier gut aufgehoben. Alle anderen fühlen sich schnell gänzlich überfordert.

Bei wichtigen Überthemen werden zuerst nur Formularnamen wie „Anlage N“ angezeigt, ohne Erläuterung. Es wäre kein Aufwand, darauf hinzuweisen, dass die Anlage N sich auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht und die dabei entstandenen Werbungskosten. Erst bei der Bearbeitung wird das angezeigt. Innerhalb eines Formulars, also der Anlage der Steuererklärung,  gibt es generell etwas mehr Erklärungen.  Zwar liefert der Klick auf ein Fragezeichensymbol stets Erklärungen, aber das sind oft sehr lange und ebenfalls sperrige Auflistungen, etwa bei der Abfrage von Lohnersatzleistungen. Oder es kommen als Hilfe auch nur knapp gehaltene Stichpunkte, die mehr offenlassen als sie erklären. Wer etwa unsicher ist, ob Nebeneinkünfte womöglich als selbstständige Einkünfte zählen, der wird das bei Mein Elster kaum klären können. Wer kein Profi ist, macht hier schnell Fehler oder fürchtet das zumindest. 

Der große Software-Test: Die besten Programme und Apps für Ihre Steuererklärung

Kommerzielle Steuersoftware unterstützt hier besser, bietet teils kontextbezogen nur kurze Verständnishilfen an und liefert sonst passgenau Details zum gerade bearbeiteten Feld. Insgesamt fehlt es bei Mein Elster an solcher Unterstützung: Die Länge der Wegstrecke zur Arbeit muss bekannt sein. Die Anzahl der im Büro oder Betrieb zugebrachten Tage, also an der ersten Tätigkeitsstätte, muss der Nutzer von Mein Elster ebenfalls selbst wissen. Bei solchen Daten können Berechnungstools sehr hilfreich sein. Bei Mein Elster fehlen sie jedoch. Am Ende liefert Mein Elster eine unverbindliche Vorab-Berechnung der zu erwartenden Steuernachzahlung oder Steuererstattung. Die Steuererklärung wird auch auf Fehler geprüft, also widersprüchliche oder fehlende Angaben. 

Die Handy-App MeinElster+ soll begleitend beim Erfassen von Belegen und Bescheinigungen helfen. Ihr Mehrwert ist bislang allerdings begrenzt, weil sie nichts automatisch als relevant erkennt und ausliest. Die App MeinElster+ kann nur dazu genutzt werden, im Laufe des Jahres steuerlich relevante Bescheinigungen oder Belege abzufotografieren. Diese sollen vom Nutzer selbst kategorisiert werden, also etwa dem entsprechenden Steuerthema zugeordnet werden.

Im Onlineportal Mein Elster können die Belege dann direkt bei der Bearbeitung der Steuererklärung aufgerufen werden. Markierte Textstellen werden ausgelesen und können dann direkt in die Steuererklärung übertragen werden. 

Welche Kosten entstehen bei Mein Elster?

Keine. Das Angebot der Finanzverwaltung ist kostenfrei nutzbar. Ein klarer Pluspunkt! Bezahlt wird es aus unser aller Steuerzahlungen.

Steuersoftware im Check: Die Testberichte der WirtschaftsWoche im Überblick

Das Fazit des Praxistest

Orientierung, Unterstützung und Steuerspartipps gibt es hier nicht – Mein Elster liefert so einige überzeugende Argumente für die kommerzielle Konkurrenz!

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%